Bürgerentscheid über Kläranlage in Wüstenstein

25.6.2015, 09:00 Uhr
Bürgerentscheid über Kläranlage in Wüstenstein

© Karl-Heinz Frank

Karl-Peter Schwegel ist seit 2014 Gemeinderat für das Bürgerforum Markt Wiesenttal. Er sammelte unaufhörlich Unterschriften, um die Frage der Abwasserbeseitigung in seinem Heimatort Wüstenstein der Bevölkerung zur Abstimmung vorzulegen. Mit Erfolg: 215 gültige Unterschriften und damit mehr als zehn Prozent der Wahlberechtigten waren dafür, die Sache dem Wahlvolk vorzulegen. Daher wird dieses am Sonntag an die Urne gerufen.

Zur Abstimmung steht folgende Frage: „Sind Sie dafür, dass der Ortsteil Wüstenstein auch Kleinkläranlagen bauen darf?“

Wer mit „Ja“ stimmt, räumt einerseits den Wüstensteinern ein Recht ein, das der Gemeinderat auch vielen anderen der 22 Ortsteile eingeräumt hat, zum Beispiel Engelhardsberg: die Abwässer je Anwesen in selbst errichtete Kleinkläranlagen einzuleiten.

Andererseits nimmt er damit den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, beim Kläranlagenbau und bei der fälligen Sanierung des Ortskanals, der das Oberflächenwasser (Straße, Dachentwässerung) aufnimmt, von beträchtlichen öffentlichen Zuschüssen zu profitieren.

Das ist der Hauptpunkt in der Argumentation von Bürgermeister Helmut Taut, der in dieser Streitfrage seit über zehn Jahren von fast allen Gemeinderäten unterstützt wird. Nur von einem nicht. Seit der Wahl von 2014 heißt er Karl-Peter Schwegel.

„Nur so Zuschüsse möglich“

Taut sagt: „Der Bau der zentralen Kläranlage in Wüstenstein ist alternativlos, weil wir nur auf diesem Wege Zuschüsse bekommen.“ Und zwar fast 54 Prozent der förderfähigen Baukosten. Ein erklecklicher Betrag, wenn man bedenkt, dass die Anlage über zwei Millionen Euro kosten wird. Darüber hinaus werde auch die Kanalsanierung nur dann vom Freistaat gefördert, wenn die Kläranlage kommt: „Andernfalls müssen die Wüstensteiner 100 Prozent der Sanierung selbst tragen.“

Dass seine Ansicht auch in der Bevölkerung mehrheitsfähig ist, sagt Taut, „werde ich am Sonntag beweisen“. Auch Karl-Peter Schwegel sagt: „Ich rechne mir gute Chancen aus.“ Um erfolgreich zu sein, muss er in der Abstimmung eine Mehrheit erzielen, und es müssen mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten mit „Ja“ stimmen, das sind etwa 400 Stimmen.

Schwegel will seit 2009 mit dem Arbeitskreis Abwasserentsorgung Wüstenstein den Bau der Kläranlage im Aufseßtal verhindern. In unmittelbarer Nachbarschaft betreibt er eine weithin bekannt Fischzucht. Schwegel kämpfte schon vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth gegen die Anlage und ließ unter anderem wasserrechtliche Gutachten ausarbeiten, die seine Haltung stützen: Der Bau der Kläranlage im Überschwemmungsgebiet ist demnach gefährlich für die Aufseß und für die Fische. Außerdem sei er überflüssig, weil es mit den Kleinkläranlagen Alternativen gebe.

Doch das Verwaltungsgericht wies die Klage zurück (wir berichteten). Es schenkte den Aussagen des Wasserwirtschaftsamtes mehr Glauben (die Kläranlage ist für die Natur unbedenklich und beherrschbar) als dem Fachberater für Fischerei des Bezirks Oberfranken (überlaufende Fäkalien könnten die Aufseß mit Bakterien verunreinigen und damit den Fischbestand gefährden).

Karl-Peter Schwegel sieht dennoch nicht ein, warum für 175 Einwohner eine über zwei Millionen Euro teure zentrale Abwasseranlage gebaut wird und zieht deren Wirtschaftlichkeit in Zweifel. Bürgermeister Taut hält dagegen: Ohne Zuschüsse, also nur mit Kleinkläranlagen, wird’s für die Wüstensteiner teurer. Für den Fall, dass er am Sonntag doch unterliegt, hat Schwegel bereits einen Plan B: „Dem Bayerischen Landtag liegt unsere Petition vor.“

Die Wahllokale im Rathaus Muggendorf, im Bürgerhaus Streitberg und in der alten Schule Wüstenstein sind am Sonntag, 28. Juni, von 8 bis 18 Uhr geöffnet.

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