Criminale: Kälteschauer mit Thomas Erle

24.5.2014, 11:00 Uhr
Criminale: Kälteschauer mit Thomas Erle

© Udo Güldner

Es ist bitterkalt. Nicht nur für die Zuhörer, die sich in die Kasematte der Forchheimer Festung gewagt haben. Auch für Lothar Kaltenbach, bei dessen Nennung die Criminale-Besucher die bereitgelegten Decken ergreifen. Auch im Schwarzwald, in den Thomas Erle zwischen den Buchdeckeln entführt. Ausgerechnet am Aschermittwoch, die alemannische Fastnacht in Emmendingen ist zu Ende, finden Wanderer eine Leiche auf dem Kandelfelsen. Ein magischer Ort, der im Laufe des Romans rund um Mythologie, Volkskunde und Aberglaube noch wichtig werden wird.

Denn die Leiche ist in ein Hexenkostüm gewandet und liegt auf der „Teufelskanzel“, die alljährlich zur Walpurgisnacht von Hexen und ihrem satanischen Herrn heimgesucht worden sein soll. Thomas Erle hat dazu Gerichtsakten aus dem 16. Jahrhundert mitgebracht. Nicht die Polizei, die das Ganze für einen Unfall, höchstens aber für Selbstmord hält, auch nicht die üblichen Verdächtigen, professionelle Detektive, Reporter oder Anwälte, ermitteln bei Thomas Erle.

Es sind die einfachen Leute. Ein Weinhändler aus Emmendingen, ein Mann mittleren Alters und erhöhter Aufmerksamkeit, eben jener Lothar Kaltenbach, stellt erst Fragen und dann die offizielle Theorie in Frage.

Auch weil der Roman, den Erle nicht gerne in die Schublade der RegioKrimis eingeordnet sieht, starke autobiographische Züge trägt, wirken die Charaktere stimmig, bleibt die Handlung nachvollziehbar. Wie seine Hauptfigur ist Erle Hobbymusiker, fährt eine Vespa und „lässt es sich als typischer Schwarzwälder gutgehen.“

Dialekt übersetzt

Als gebürtiger Schwetzinger, der lange in Mannheim gelebt hat, spricht sein literarisches Personal alemannischen Dialekt, den Erle bei der Lesung simultan übersetzt. Seit 2010 schreibt der Waldorf-Pädagoge, der mit Kurzgeschichten erfolgreich seine ersten literarischen Gehversuche gemacht hat, Kriminalgeschichten. Derzeit entsteht der dritte Roman, für den der Weinfreund „einfach die Augen offen“ gelassen und „die Welt mit allen Sinnen“ auf sich wirken hat lassen. „Als Schriftsteller müssen sie nur den Mut haben, weiterzudenken und Dinge zuzulassen. Etwa die Frage, was passierte, wenn wir hier in der Kasematte eingesperrt würden . . .“

Erle interessiert, was geschieht, sobald Menschen über ihre Grenzen gehen. Die „Heimlichkeiten und Abgründe, die Herausforderungen und Verzweiflungen“. Um die spannungsgeladene Atmosphäre nicht zu ermorden, darf Erle naturgemäß nicht alle Details ausbreiten, darf nicht allzu viel Licht in den Schattenwald und seine Geheimnisse werfen. Das bleibt dem Leser überlassen.

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