Die Riesen-Mona mit den Tauben

14.7.2014, 18:20 Uhr
Die Riesen-Mona mit den Tauben

© Thomas Knauber

Inzwischen sind Fotos dieses Kunstwerks am Ufer des kleinen Bachs durch die ganze Welt gegangen, nach München, Japan, Amerika und Argentinien. Vielleicht wird Volker Wunderlich berühmt. „Ich hab’ schon geträumt, dass ich zwei Leinwandbilder für 18 000 Euro verkaufe“, lacht er. Seine Mona Lisa ist so beeindruckend, dass Hollfeld wohl zu einer Attraktion wird. Und wer ist schuld dran? Ein kunstverrückter Bauunternehmer namens Hans Stenglein.

Der kaufte die Brauerei „Weiße Taube“, machte ein Künstlerquartier draus, das „Ideenhaus“, und sponserte die Bemalung. An einem Turm verewigte sich schon Thomas Brix mit Hundertwasser-Blau; auf der anderen Seite entwarf Axel Luther eine „Brennende Wand“ in Steinzeitmanier. Und dann erinnerte sich Hans Stenglein daran, dass er vor 35 Jahren im Louvre stand, drei Stunden in einer Warteschlange, und dann die Mona Lisa nur aus zehn Metern Abstand sehen konnte, „groß wie ein Gebetbuch“.

Jetzt sollte sie monumental werden, verwirklicht von Volker Wunderlich aus Goldkronach, den er schon seit 20 Jahren kennt. Wunderlich war früher Elektroniker bei der Telekom, machte dann ein Praktikum bei Kirchenmaler Günther Hofmann in Hollfeld, genoss die anschließende Lehre, besuchte die Meisterschule. Heute lehrt er selbst in Bayreuth. Wunderlich kam gern zurück nach Hollfeld. Für ihn ist es wie der „schöne Ort in Gallien“, der in den Asterix-Heften beschrieben wird. Er fürchtete, Hollfeld mit seiner monumentalen Mona Lisa zu stören. „Man hat ja eine Umweltverantwortung.“

Also machte er sich behutsam daran, eine hochauflösende Fotografie mit zwölf Megabit im Computer auf die Fassade und unter ein Raster zu legen. Dann kletterte er aufs Gerüst und zog ganz altmeisterlich mit Zeichenkohle das Gesicht der Dame nach, Raster für Raster.

Ihren Kopf hinterlegte er mit einem Gelbton, den Körper mit einem Fast-Schwarz, den Hintergrund grün mit Blaustich, „damit der alte Himmel wieder kommt“. Volker Wunderlich nahm natürliche Silikat-Mineralfarben, die lange farbecht bleiben. Aber wenn sie in 30 Jahren  abwittern, „dann hat das Bild sein Leben gehabt; ich bin da schmerzfrei“. Man müsse nicht alles ewig erhalten.

Immer wieder Zweifel

Beim Malen kamen ihm immer wieder Zweifel. „Nach der zweiten Woche war zwar die Fläche voll, aber es sah nicht gut aus.“ Doch die Zweifel verflogen: „Ich kann meinen Job; anderswo hat es ja auch funktioniert.“ Zum Beispiel an einer Bayreuther Spedition, 120 Meter lang und 7,5 Meter hoch. Gewünscht war damals die Golden Gate-Bridge vor blauem Himmel. Und daneben wieder Himmel, und nochmal Himmel, und irgendwann als Auflockerung kam der Hausmeister mit seinem Hund auf dem Arm drauf. „Allein diese Figur hat so viel Zeit gebraucht! Das nervt. Da hab ich mein Lehrgeld bezahlt.“

Danach folgten unter anderem 120 Quadratmeter in einer Berliner Bar und gerade fragte ein Schweizer für 400 Quadratmeter an. Der „Milieugestalter“, so sieht sich Wunderlich, hat zu tun, demnächst in Bad Berneck, zu Jean Paul.

Die Mona Lisa schluckte fünf Wochen. „Das war jeden Tag, jeden Abend eine neue Forschungsaufgabe.“ Das Gerüst störte mit seinem Schattenwurf, das Wetter mit den Lichtwechseln. Die Fenster mussten auch integriert werden.

Die Hollfelder zeigten „eine phänomenale Anteilnahme“, von der ersten Skepsis der Blumenhändlerin gegenüber („Am Anfang hat’s mir ja net gfalln“) bis zum häufigen Lob: „Schee wird’s, Ihr Zeug.“ Der Wirt am anderen Ufer, Hans-Jürgen Wolf, spendierte sogar einen Flutlichtstrahler, weil ihm die Mona Lisa so gut gefiel. Jetzt sehen die Gäste des „Gerber“ also auch nachts von der Terrasse aus bequem da Vinci und Hundertwasser.

Volker Wunderlich bemerkte nebenbei einen Fehler des italienischen Meisters. Erst am Schluss sah er, als er die Bordüre des Mieders malte, dass Leonardo da Vinci hier in die Enge gekommen war: Ihm fehlte  links der Platz, um die Stickerei rhythmisch zu wiederholen. Er sparte sich einen Faden. Volker Wunderlich malte ihn hin.

Er malte auch zwei weiße Tauben ins Bild, um auf die Brauerei hinzuweisen: „Ich bin so veranlagt, dass ich immer einen kleinen Spaß im Bild brauch’.“

Die Vögel kommen jetzt mit ins „Guinessbuch der Rekorde“, wofür Hans Stenglein schon alles angeleiert hat. Volker Wunderlich kann auch anders: Im vorigen Jahr verunzierte er Bayreuth mit einem zunge-streckenden Wagner, vom Bahnhof bis zur Innenstadt, überall auf die Wände. Es wunderte ihn, dass es genehmigt wurde, mitten in der Festspielzeit.

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