Diskussion in Forchheim: Wie sieht die Schule von morgen aus?

18.2.2019, 17:54 Uhr
Diskussion in Forchheim: Wie sieht die Schule von morgen aus?

© Foto: colourbox.de

Es ist dunkel im Jungen Theater Forchheim. Fast alle Plätze sind belegt. Die Besucher verfolgen aufmerksam das Geschehen auf der Leinwand vor ihnen. Die Dokumentation "Die Schule von morgen" gibt einen Überblick über die verschiedensten Schulsysteme rund um die Welt. Aber welches ist das beste Schulsystem? Laut der PISA-Studie, einer internationalen Schulleistungsuntersuchung, hat Singapur den Titel des Bildungsweltmeisters inne. Doch "wenn das PISA-Sieger bedeutet, dann möchte ich das nicht", meint Andreas Hartmann, GEW-Bezirksvorsitzender. "In Singapur verkommt Bildung zu einer Ware. Das darf nicht sein."

Das Bildungssystem des südostasiatischen Stadtstaates basiert auf einem Leistungswettbewerb. Die Schule beginnt um 7.30 Uhr, hinzu kommen sogenannte Förderkurse, die von 80 Prozent der Grundschülerinnen und -schüler besucht werden. Das ist notwendig, denn bereits im Alter von zwölf Jahren ist nach der Abschlussprüfung der Grundschüler die Zukunft der Kinder so gut wie entschieden. Infolgedessen sind die Schultage sehr lang und ermüdend, womit nicht alle umgehen können.

Positiv findet Andreas Hartmann allerdings die Singapur-Methode, die nicht auf Auswendiglernen setzt, sondern auf Verstehen und soziales Miteinander der Schüler, die über Übungen reden und sich gegenseitig unterstützen. Auch Förderlehrerin Judith Herbert ist der Meinung, dass Kreativität und soziales Miteinander gefördert werden sollten, denn sie sieht, wie begeistert Schüler sind, wenn sie gemeinsam Übungen bearbeiten.

Sehr positiv empfunden

Auf diesem Prinzip baut das von allen Anwesenden sehr positiv empfundene Schulsystem in Finnland auf. Der Fokus wird auf Handwerk und Lernen mit den Sinnen gelegt, die Schülerinnen und Schüler haben nur vier bis sechs Stunden täglich Unterricht und Noten bekommen sie erst ab zwölf Jahren. Davor erhalten sie individuelle Bewertungen. "Da ist es unglaublich", findet Gymnasiallehrerin Anne-Marie Lucksch, "wie modern meine Schulzeit war. Wir hatten noch Handwerk und Kochen und jetzt ist das plötzlich wieder modern."

Den finnischen Lehrern wird bei ihren Lehrmethoden ein Freiraum gelassen, den die Besucher der Filmvorführung in Deutschland vermissen. Anne-Marie Lucksch, die auch eine Zeit lang in Frankreich unterrichtete, meint: "Es macht keinen Spaß, in Klassen reinzugehen und starre Strukturen vermitteln zu müssen."

Andreas Hartmann beklagt, dass man einander nichts mehr zutraut. Es würde mehr bringen, könnten die Lehrer an den individuellen Stärken der Schüler ansetzen und diese in andere Bereiche mit einbringen.

Einem ganz anderen System als in Finnland folgt die "Khanacademy" in den USA, bei der Schüler den Unterrichtsstoff zu Hause durch Filme lernen, oder die "altschool", die auf Personalisierung des Unterrichts mittels Technik setzt.

Für den Einsatz mit Medien sei es allerdings wichtig, die Schüler bereits in der Grundschule über den verantwortungsvollen Umgang mit Medien zu informieren, erklärt Judith Herbert.

Kooperatives Umsetzen

Gymnasiallehrer Michael Hunger: "Soziale Medien können viel Positives bringen. Das erkennt man am ,Umgedrehten Unterricht’, der das kooperative Umsetzen des Gelernten zusammen mit den Schülern ermöglicht."

Beim "Umgedrehten Unterricht" handelt es sich um ein Modell, bei dem das traditionelle Lehrsystem auf den Kopf gestellt wird. Die Schüler lernen den Stoff mittels Medien zu Hause und in der Schule wenden sie das Gelernte bei Übungen an, wobei der Lehrer sie unterstützt, sodass sie den Stoff verinnerlichen.

Im Vergleich zu diesen Konzepten für eine neue, leistungsstarke und sozial gerechte Schule hinkt das deutsche Schulsystem in den Augen der Besucher eindeutig hinterher.

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