Dunkle Episode: Vor 100 Jahren entgleiste Zug bei Gräfenberg

11.8.2015, 18:17 Uhr
Dunkle Episode: Vor 100 Jahren entgleiste Zug bei Gräfenberg

Wir schreiben das Jahr 1915. In Europa wütet schon seit einem Jahr der mörderische Erste Weltkrieg. Da besteigen am Sonntag, 22. August, um neun Uhr zwei Frauen und ein Kind in Uttenreuth den Zug 11 der „Seekuh“, um in Richtung Eschenau zu fahren. Dort wollen sie umsteigen in die „Gräfenbergbahn“.

Fahrgäste wollen zur Kerwa

Der Wetterbericht sagt Regen voraus. In Neunkirchen am Brand steigen gegen halb zehn noch eine Lehrerin mit drei ihrer Schülerinnen zu. Gegen zehn Uhr kommen sie in Eschenau an und warten auf ihren Anschlusszug Nummer 53 aus Nürnberg, der pünktlich gegen halb elf dort eintrifft. Dort steigen einige Fahrgäste aus, die auf die Eschenauer Kerwa wollen. Im Zug bleiben unter anderem zwei Männer aus Velden bei Hersbruck, um in Richtung Gräfenberg weiter zu kommen. Auch steigen die bereits erwähnten Fahrgäste der „Seekuh“ sowie weitere aus Eschenau und Umgebung zu.

Nach kurzem Aufenthalt setzt der Zug mit einer Lokomotive der Gattung D XI und Nummer 2733 seine Fahrt fort. Auf der Brücke des Eckenbaches, ungefähr auf der Hälfte der Fahrstrecke nach Forth bei Kilometer 20,5, entgleist in voller Fahrt der gesamte Zug in Folge eines Schienenbruchs.

Mit Äxten und Sägen geborgen

Die Lokomotive wird von hinten angehoben und überschlägt sich. Der Packwagen hinter der Maschine fliegt ins Feld und bleibt dort auf allen vier Rädern stehen. Der erste Personenwagen wird schwer zerstört, darin saßen unter anderem die beiden Männer aus Velden, die getötet werden. Sie sind total eingeklemmt und können erst am späten Abend mit Hilfe von Äxten und Sägen geborgen werden.

Dunkle Episode: Vor 100 Jahren entgleiste Zug bei Gräfenberg

Es gibt noch drei weitere Tote und viele Verletzte, deswegen ruft man die freiwillige Sanitätskolonne aus Nürnberg, die kurz vor zwölf Uhr am Unglücksort eintrifft. Die weiteren tödlich verletzten Fahrgäste sind drei Kinder und Jugendliche, sechzehn, neun und drei Jahre alt. Zu den Schwerverletzten gehören auch der Lokführer und der Heizer des Zuges, die schwerste Verbrühungen durch austretenden Dampf erleiden.

Bis 1950 im Einsatz

Gott sei Dank regnet es nicht, so lange die Sanitäter arbeiten müssen, erst gegen halb drei Uhr am Nachmittag beginnt ein heftiges Gewitter. Die Strecke ist wegen Aufräumarbeiten mehrere Tage gesperrt. Die Lokomotive wird übrigens wieder repariert und erst 1950 aus dem Verkehr gezogen.

Der Held des Tages ist ein armamputierter Soldat aus Gräfenberg, der trotz seiner Behinderung etliche Verletzte aus den Wagen zieht.

Quellen: Zeitungsmeldungen „Erlanger Tagblatt“ sowie „Fränkische Nachrichten“

3 Kommentare