Eine Stradivari-Kopie aus Pappel

5.2.2015, 12:27 Uhr
Eine Stradivari-Kopie aus Pappel

© Foto: Heinz Reiß

Wer bei dieser Olympiade unter den Geigenbauwettbewerben, im Lande eines Stradivari und Guarneri, dann noch für seine eingereichte Viola zusätzlich eine Silbermedaille erhält, kann sich auf die Schultern klopfen und sagen, ich gehöre mit zu den Besten. Insgesamt wurden 70 Streichinstrumente von Geigenbauern aus Europa und Übersee einer internationalen Jury vorgestellt.

Jury prüft Qualität

Bei diesem alle zwei Jahre stattfindenden Wettbewerb wurden die eingereichten Instrumente von den Instrumentenbauexperten Florian Leonhard (London), Joaquin Capela (Portugal), Roberto Collini (Italien), Ashot Vartanian (Armenien), Valery Prilipco (Russland) auf ihre handwerkliche Qualität (Verarbeitung, Lackauftrag, Optik) überprüft und von den italienischen Musikern Maristella Patuzzi, Marco Traverso und Gemma Pedrini gespielt. Beide Testgruppen vergeben danach ihre Punkte.

Für Geigenbaumeister Andreas Haensel gab es den ersten und zweiten Preis, Gold und Silber; die Medaillen stellen bereits den dritten internationalen Erfolg dar. 2010 und 2013 erreichte Haensel jeweils den 3. Preis.

Für die Fertigung des in Italien prämierten Cellos habe er sich besonders viel Zeit genommen und höchste Sorgfalt walten lassen, berichtete der Bubenreuther, der in Kleinsendelbach seine Werkstatt betreibt. Das mit Gold ausgezeichnete Violoncello ist die Kopie eines Instrumentes von Antonio Stradivarius aus seiner „goldenen Periode“.

Das Besondere daran ist, dass es einen Boden und Zargen aus fränkischem Pappelholz besitzt. Dieses Pappelholz stammt aus der Gegend westlich von Bamberg und wurde von Haensel vor zwölf Jahren selbst aufgesägt und zehn Jahre auf der Terrasse gelagert. Der Baum war so groß, dass der Boden aus einem Stück gefertigt werden konnte. Ein fertiges Cello, so berichtet der Geigenbaumeister ist immerhin 46 Zentimeter breit und für gewöhnlich wird der Boden aus zwei Stücken zusammengesetzt.

Den Lack hatte Haensel mit ziegelroten Pigmenten gefärbt, die er selbst in einem Urlaub aus den leuchtend roten Felsklippen der portugiesischen Algarve ausgewaschen hat. Das Instrument hat einen sehr großen, vollen und warmen Ton und der Spieler spürt die Vibrationen durch das Pappelholz stärker als bei einem Cello aus Ahornholz. 

Die Viola ist die Kopie eines Instrumentes von Giovanni Battista Guadagnini (Turin) aus dem Jahr 1785. Die Bratsche ist 40,2 Zentimeter lang und hat einen ausgewogenen, obertonreichen Klang. Auch hier ist die Holzauswahl etwas Besonderes, Hals, Zargen und Boden wurden aus einem zusammenhängenden Block gewonnen. 

Das Holz ist ungewöhnlich stark gemasert und ist das sogenannte „Oppio“, eine sehr seltene, dunkelbraune Spielart des Ahorn und stammt aus Serbien. Auch bei der Viola verwendete Haensel den Lack mit den Pigmenten aus Portugal, das ergibt mit dem durchscheinenden dunklen Oppio einen sehr schönen rotbraunen Farbton.

Selbst konzertiert

Andreas Haensel, 1973 im Geigenbauerort Bubenreuth geboren, begann seine Ausbildung 1992 in der Meisterwerkstatt von Karl Höfner in Bubenreuth unter der Leitung von Alfred Zecho. Früh schon widmete sich Haensel intensiv der Musik und baute auch historische Saiten- und Blasinstrumente, die er in zahlreichen Konzerten selbst spielte.

2004 legte er in Nürnberg die Meisterprüfung ab. Er war in den Werkstätten von Karl Höfner und Roderich Paesold für die Entwicklung neuer Geigenmodelle und die Lackierung der Meisterinstrumente verantwortlich.

Seit Februar 2009 arbeitet er in seinem eigenen Atelier in Kleinsendelbach und stellt dort hochwertige Instrumente in Handarbeit her. Meist sind es detailgetreue Kopien der berühmtesten Geigen und Celli der alten italienischen Meister, er fertigt aber auch Instrumente nach eigenen Entwürfen.

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