Forchheim: Bauverpflichtung stößt auf Widerstände

17.1.2019, 06:00 Uhr
Forchheim: Bauverpflichtung stößt auf Widerstände

© Foto: Roland Huber

Die Frage, nach welchen Kriterien die Stadt Grundstücke aus dem Baulandmodell an junge Familien vergibt, muss genauso reformiert werden wie das Baulandmodell selbst. Das bisherige Verfahren ist aus mehreren Gründen an seine Grenzen gestoßen: ein Eigentümer, der sich nicht beteiligen will, kann ein ganzes Baugebiet blockieren (so ist die Lage derzeit im Baugebiet "Tränklein" in Buckenhofen); aufgrund dessen, dass für öffentliche Flächen immer mehr Grund gebraucht wird (Straßen, Entwässerung), bleibt immer weniger Fläche für günstige Baurechte übrig; es gibt Flächen, deren Erschließung und Bebauung so teuer sind, dass keine "günstigen" Grundstücke zur Verfügung gestellt werden können.

Wertsteigerung abschöpfen

Für diesen letzteren Fall, der auf den "Weingartsteig" im rutschgefährdeten Hang zutrifft, soll das so genannte "Ablösemodell" geschaffen werden. Das bedeutet: Die Stadt schafft Baurechte, dadurch steigt der Wert der Grundstücke und die Besitzer müssen dann 30 Prozent der Wertsteigerung an die Stadt abtreten. Dieses Geld wird zweckgebunden für die Investition in Flächen genutzt.

Dieses Modell war bei den Stadträten unumstritten. Heftig debattiert wurde allerdings das für Forchheim neue Thema "Bauverpflichtung" bei privaten Grundeigentümern im Rahmen des Baulandmodells. Die Verwaltung argumentiert: Die Nachfrage nach Bauland in Forchheim ist riesig. Wenn Bauland ausgewiesen und für viel Steuergeld erschlossen wird, muss auch Wohnraum geschaffen werden. Das war bisher nicht immer der Fall. Beispiel Eselsberg in Burk (2010/12 erschlossen): Von 28 Bauplätzen sind noch 13 frei. Beispiel Pfandlohe in Kersbach (2003): 28 von rund 100 Baurechten liegen brach.

Daher schlägt die Stadtverwaltung vor, wie viele andere bayerische Kommunen eine Bauverpflichtung einzuführen, um sicher zu stellen, dass ausgewiesenes und erschlossenes Bauland auch in Wohnraum umgewandelt wird. In Teilen des Stadtrates stößt dieses Thema aber auf Ablehnung. FDP-Rat Sebastian Körber und CSU-Kollege Holger Lehnard witterten "Sozialismus". Auch die Freien Wähler argumentierten zunächst dagegen.

Reiner Büttner (SPD) sah darin allerdings den richtigen Weg, um Wohnraum zu schaffen: "Der Eigentümer kann ja einen Bauplatz behalten, der Rest muss verfügbar sein. Es ist kein Sozialismus, wenn aus einem Acker Bauland gemacht wird. Das ist eine beträchtliche Wertsteigerung. Andernfalls bleibt es halt ein Acker."

Annette Prechtel (FGL) stellte ebenfalls das Allgemeinwohl in den Vordergrund: "Wenn jeder sein eigenes Grundstück behalten will, wird sich nichts tun." Das Argument, "für die Kinder" etwas zurückzubehalten, ziehe nicht mehr: "Es ist nicht mehr wie früher. Wir wissen in der globalisierten Welt nicht mehr, was unsere Kinder mal machen und wo sie wohnen werden."

76 Bewerber für sechs Flächen

Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) stellte das planerische Ziel der Kommune, Wohnraum zu schaffen, in den Vordergrund. Als Beispiel für den Druck, der auf die Stadt von Bauwilligen ausgeübt wird, nannte er das Baugebiet "Dorfäcker" in Burk. 18 Jahre dauerte dessen Verwirklichung. 18 Baurechte wurden geschaffen. Davon wurden sechs von der Stadt im Rahmen des Baulandmodells verkauft: "Für diese sechs Baurechte hatten wir 76 Bewerber, die alle berechtigt gewesen wären."

Jedem Kind eines Grundbesitzers, dem eine Baufläche "aufgehoben" werden soll, stünden "zwei bis drei Familien" gegenüber, "die jetzt sofort bauen wollen", sagte Reiner Büttner. Auf "baureifen Grundstücken", so der OB, sollen Gebäude entstehen, zu viele solcher baureifer Grundstücke blieben heute einfach liegen. Sabine Dittrich (FGL) nannte es "ein Angebot der Stadt an die Grundbesitzer", wenn ihre Flächen in Baugebiet umgewandelt werden.

In einer langen Diskussion wurde viel über den idealtypischen Grundstücksbesitzer gesprochen, der 10.000 Quadratmeter Grund einbringt, mit 20 Baurechten, davon müsse er zehn an die Stadt abtreten und für neun weitere bestehe die Bauverpflichtung binnen vier Jahren. CSU, FW und FDP empfanden dies als unbillige Härte. OB Kirschstein erinnerte daran, dass dieser Grundbesitzer ja die zehn Grundstücke behalten kann, sofern er neun davon in der Frist bebaut, für wen auch immer: "Uns als Stadt ist es doch egal, wer den Wohnraum schafft."

Einheimischen-Modell nicht mit Recht vereinbar

Holger Lehnard entwickelte dann einen einstimmig angenommenen Vorschlag, der als mögliche Kompromisslinie weiterverfolgt werden soll. Demnach soll ein Grundbesitzer im Rahmen des Baulandmodells auf jeden Fall ein Baurecht zur freien Verfügung zurück behalten dürfen, bei größerem Grundbesitz "bis maximal 30 Prozent seiner Flächen". Im März werden die gesammelten Vorschläge erneut im Ausschuss besprochen.

Das Einheimischen-Modell bei der Vergabe günstiger Bauplätze ist nicht vereinbar mit Europarecht. Ortsansässige dürfen deswegen nicht grundsätzlich bevorzugt werden. Daher hat auch Forchheim seine Vergaberichtlinien überarbeitet. Hier einige der wichtigsten Punkte.

Ehrenamt spielt eine Rolle

Jedes Grundstück, das die Stadt im Rahmen des Baulandmodells verkauft, steht grundsätzlich jedem Bewerber offen. Die Ortsansässigkeit wird wie andere Kriterien auch mit Punkten bewertet, darf aber jetzt höchstens 50 Prozent der Gesamtbewertung ausmachen. Die gewünschte Zielgruppe bleibt wie bisher definiert: Familien (im Sinne aller erlaubten Formen von Partnerschaften) mit möglichst vielen Kindern und möglichst geringem Einkommen. Das Einkommen muss allerdings ausreichen, sich den Kauf und Bau auch leisten zu können. Als Höchstgrenze fürs Einkommen wird der amtlich festgestellte Forchheimer Durchschnittsverdiener (jüngster Stand: 2014) herangezogen: 36.883 Euro brutto pro Jahr und Erwachsenem. Kinder erhöhen die Einkommensgrenze. Vermögen (Grundstücke, Wohnungen, Sachwerte) muss angegeben werden. Allerdings: Die Stadt kann diese Angaben nicht überprüfen.

Neu: Die Ausübung eines Ehrenamtes soll in die Bewertung einfließen, noch unklar ist allerdings, wie dies genau definiert werden soll (nur leitende Funktionen? Dauer der Ausübung?). Zu den sozialen Kriterien, die Punkte bringen, gehören neben der Zahl der Kinder auch eine Behinderung in der Familie und die Pflege von Angehörigen.

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