Forchheim: Dirigent gab die Einsätze im Sitzen

27.2.2018, 09:57 Uhr
Forchheim: Dirigent gab die Einsätze im Sitzen

© Udo Güldner

Die Gesellschaft zur Förderung von Kultur in Forchheim musste bei ihrem Neujahrskonzert im Rahmen des "KulturPuls" allerdings erstmals seit drei Jahrzehnten auf den Forchheimer Kulturpreisträger Michael Goldbach verzichten. Für den erkrankten Dirigenten aus Bamberg sprang kurzfristig Wilhelm Kauffer aus Pettstadt ein.

Der erfahrene Musiklehrer vom E.T.A.-Hoffmann-Gymnasium Bamberg behielt seinen Platz unter den ersten Geigen bei: "Den Spaß am Mitmusizieren wollte ich mir nicht nehmen lassen", ließ er sich hinterher vernehmen.

Im Sitzen gab er die Einsätze, zu denen Henry Purcell allerlei Elfen und Geister in den märchenhaften Gefilden seiner "Fairy Queen" tanzen ließ. Es waren nicht die einzigen zu Herzen gehenden Momente. Auch zu Johann Sebastian Bachs Orchestersuite Nr. 3, zur Streichersinfonie des Haydn-Zeitgenossen William Boyce oder zu Georg Friedrich Händels "Wassermusik" hätte man ohne weiteres einen Tanz wagen können.

Wenn der Platz vorhanden gewesen wäre und natürlich, wenn man die Schrittfolgen abrufbereit gehabt hätte . . . Die vor 350 Jahren modischen Tänze wie Gigue, Hornpipe oder Bourrée jedenfalls lassen all die kleinen Pikanterien zu. Im von Anthony van Hoboken erstellten Werkverzeichnis Joseph Haydns ist es die letzte der 107 Sinfonien. Dabei sind die drei Sätze hörbar ein Frühwerk. Vom Esprit, dem Raffinement, der Originalität der späteren Sinfonien ist nur wenig zu spüren. Wiewohl das Spiel mit dem musikalischen Material die Zuhörer in heitere Stimmung versetzte.

Entstanden ist die Sinfonie um 1760 für ein aus finanziellen Gründen recht überschaubares Orchester des Grafen von Morzin. Dessen Vater hatte bereits Vivaldi unterstützt, indem er bei diesem Kompositionen in Auftrag gegeben hatte. Bei Haydn ging das nur knapp zwei Jahre gut, dann war der Adelige auf seinem Schloss bei Pilsen pleite. Für die Musikgeschichte und den Komponisten selbst war es dennoch ein Glücksfall, denn dadurch geriet Haydn an den Fürsten Esterházy. Im ungarischen Eisenstadt ermöglichte der Mäzen fast drei Jahrzehnte ungebremsten Schaffens.

Packendes Loblied

Im Zentrum des Forchheimer Konzertabends aber stand, und das buchstäblich, die Sopranistin Eva-Maria Helbig aus Erlangen. Die etwa 25 Musiker auf der KulturPuls-Bühne umringten die Solistin, die mit dem "Salve Regina" der Jungfrau Maria ein packendes Loblied sang. Kurioserweise in der musikalischen Form, die der zum Protestantismus konvertierte Jude Felix Mendelssohn-Bartholdy diesem urkatholischen Hymnus gegeben hatte. Auch diese vom Kammerorchester der Universität Bamberg gespielte Komposition gilt als Frühwerk, immerhin schrieb Mendelssohn sie als 15-Jähriger, noch ganz unter dem Eindruck der "Wiener Klassiker" Haydn, Mozart und Beethoven. Keine Spur romantischen Überschwangs war da zu entdecken.

Schubert mit leisen Tönen

Bei Franz Schuberts Interpretation der lateinischen Zeilen war das schon ganz anders. Eva-Maria Helbig kam die melodische Meisterschaft Schuberts ebenso gelegen, wie seine Fähigkeit, für Sängerinnen zu schreiben. Das Konzert lebt von den leisen Tönen, weil es auf Holz- und Blechbläser verzichtete, obwohl diese in einigen Stücken hätten ertönen sollen. Doch die Feinheit der Komposition erschloss sich so natürlich ganz: Wenn auch aus protestantischen Federn, wie bei der Kantate "Die Liebe Gottes", deren Urheber Georg Friedrich Kauffmann war.

Wäre der Organist aus der Nähe Sömmerdas 1722 zum Thomaskantor in Leipzig berufen worden und nicht die nach den eigentlich favorisierten Georg Philipp Telemann und Christoph Graupner "dritte Wahl" Johann Sebastian Bach, heute wären seine Werke wohl nicht verschollen, verloren und vergessen. Welch Glück für das Publikum, dass Michael Goldbach dieses barocke Kleinod mit seinem Kammerorchester einstudiert hat.

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