Forchheim: EGF-Truppe begeistert mit Boulevard-Coup

21.9.2017, 18:13 Uhr
Michel (Constantin Flommersfeld) wollte eigentlich nur Jazz hören, doch am Ende der ruhigen Minuten strömt das Wasser aus der Wand und die Frau geht fremd.

© Udo Güldner Michel (Constantin Flommersfeld) wollte eigentlich nur Jazz hören, doch am Ende der ruhigen Minuten strömt das Wasser aus der Wand und die Frau geht fremd.

Es hätte ein so schöner Samstagnachmittag werden können. Ein Glas Whisky, eine seltene Jazz-Platte und eine Stunde Ruhe. Doch rund um Michel (Constantin Flommersfeld) bricht ohne Vorwarnung das Chaos aus.

Wie in Reinhard Meys Chanson „Keine ruhige Minute“ brechen die Putzfrauen (Nadine Bollmann und Viola Polster) ins Idyll, die Mutter aus dem Altersheim ruft an, um vom bösen Bingo-Betrug zu erzählen. Währenddessen wird die Wohnung renoviert, natürlich „schwarz“. Also muss ein polnischer Handwerker her, weil die als so zuverlässig, arbeitsam und billig gelten.

Dumm nur, dass sich Leo (Felix Kaufmann) als Portugiese entpuppt, der ein Händchen für sintflutartige Katastrophen hat. Freilich hat sich in den 30 Jahren vor dieser einen Stunde noch einiges mehr aufgestaut. Die Gattin Nathalie (Sabrina Schmidt) mit psychischen Problemen, die „nur zwei Minuten eine Bestandsaufnahme unserer Ehe“ machen will.
Der aus bürgerlicher Sicht gesehen „missratene“ Sohn Sebastien (Charlotte Jost), der nur mit seiner depressiven „Es gibt keine guten Tage“-Lucy (Lena Hofmann) herumhängt und als Sänger einer Gothic-Punk-Band gegen die Gesellschaft rebelliert, indem er Ratten verschlingt.
Der verwirrte Hausherr verwildert indes immer mehr. Seine Kleidung verliert jede Ordnung, sein Verhalten jede Höflichkeit und er obendrein die letzten Nerven.

Was Fluten ans Licht spülen

Das Publikum amüsiert sich prächtig. Auch weil zwei „wirklich polnische Nachbarn“ hereinplatzen (Sarah Fleischmann und Amanda Sulewski), die es in ihrer Wohnung weiter unten gerne schön trocken hätten. Aus der Beschwerde über den Wasserfall an der Wand wird ein Besuch, der sich dank Krakauer Keksen hinzieht und das Fass schließlich zum Überlaufen bringt. Die Fluten geben indes auch noch das lockere Liebesleben des vorbildlichen Ehepaares Michel und Nathalie preis. Sie hatte eine Affäre mit seinem besten Freund Pierre (Lars Tönsing). Er liebte einst ihre beste Freundin Elsa (Clara Neigl). Es kommt zur erwarteten Eifersuchtsszene, die „aber nicht zu lange“ dauert und zu Schlagfertigkeiten und blutenden Nasen führt. Überhaupt fertigt Michel nun Menschen um ihn herum in Rekordzeit ab, um endlich seine Jazzplatte hören zu können.

Ein Wort zu den Leistungen der von Patrick L. Schmitz (Bamberg) gecoachten Schauspieler: Das gesamte Ensemble überzeugte mit Textsicherheit, Improvisationskunst, humoristischem Talent und ganz viel Spielfreude. Eine fantastische Performance gelang Constantin Flommersfeld, dessen Gespür für das Timing der Pointen bewunderungswürdig ist. Statt einer Stunde Ruhe bekamen die Zuschauer zwei Stunden beste Unterhaltung.

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