Forchheim: Keine Angst vor der Einschulung

12.3.2019, 06:00 Uhr
Forchheim: Keine Angst vor der Einschulung

© Foto: Marquard Och

Dieser Unterschied ist jedoch größtenteils auf die Schulzeit begrenzt. Im Erwachsenenalter bleiben kaum Nachteile bestehen – lediglich beim Wortschatz zeigen sich langfristige Effekte. Dies hat ein Forscherteam der Freien Universität Berlin und des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung herausgefunden.

Kleinerer Wortschatz

Das Alter bei der Einschulung hat im späteren Leben keinen Einfluss auf die Kompetenzen in Mathematik oder das Textverständnis. Eine Ausnahme: Wer in der Klasse zu den Jüngsten gehörte, hat im Erwachsenenalter durchschnittlich einen kleineren Wortschatz.

Die jüngeren Kinder in der Klasse gehen im Durchschnitt seltener auf ein Gymnasium. Dies könnte auch eine Erklärung für den geringeren Wortschatz sein. Während die Basiskompetenzen in Mathematik und Leseverständnis in allen Schulformen der Sekundarstufe gleichermaßen vermittelt werden, wird der Wortschatz im Gymnasium vermutlich stärker trainiert. Trotz der unterschiedlichen Schullaufbahn wirkt sich das Einschulungsalter nicht auf spätere Bildungsabschlüsse aus. Das heißt, dass jünger eingeschulte Kinder zwar seltener Abitur machen, jedoch genauso häufig studieren oder eine duale Berufsausbildung absolvieren wie ihre älteren Mitschüler.

Da der höchste berufliche Abschluss in Deutschland für den beruflichen Erfolg und das Einkommen eine wichtigere Rolle spielt als der Schulabschluss, dürften die Auswirkungen des Einschulungsalters auf den Arbeitsmarkterfolg eher gering sein. Das bestätigen auch Studien aus Skandinavien, wonach sich die über den Lebenszyklus erzielten Löhne nicht zwischen Erwachsenen unterscheiden, die zu den Jüngsten oder den Ältesten in der Klasse gehörten.

"Die schulischen Nachteile eines jungen Einschulungsalters spielen keine Rolle mehr, wenn die Kinder älter werden. Sie sind im Erwachsenenalter unbedeutend für die erworbenen Basiskompetenzen, die wiederum maßgeblich für den Arbeitsmarkterfolg sind", sagt Koautorin Katja Görlitz, Juniorprofessorin an der FU Berlin und Mitglied des RWI Research Network. "Unsere Ergebnisse legen nahe, dass sich Eltern bei normalem Entwicklungsstand ihres Kindes unbesorgt für eine reguläre Einschulung entscheiden können, auch wenn ihr Kind damit zu den Jüngsten in der Klasse gehört." Für ihre Untersuchung nutzten die Wissenschaftler deutsche Befragungsdaten des Nationalen Bildungspanels von Erwachsenen im Alter zwischen 23 und 71 Jahren. Die Befragten mussten Aufgaben in Mathematik, Leseverständnis und dem Wortschatz lösen, die je nach Fragestellung zwischen 4000 und 6000 Teilnehmenden gestellt wurden.

Laut Bayerischem Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) werden in Bayern mit Beginn des Schuljahres alle Kinder schulpflichtig, die bis zum 30. September sechs Jahre alt werden oder bereits einmal von der Aufnahme in die Grundschule zurückgestellt wurden. Ferner wird auf Antrag der Erziehungsberechtigten ein Kind schulpflichtig, wenn zu erwarten ist, dass das Kind voraussichtlich mit Erfolg am Unterricht teilnehmen kann.

Gutachten erforderlich

Bei Kindern, die nach dem 31. Dezember sechs Jahre alt werden, ist zusätzliche Voraussetzung für die Aufnahme in die Grundschule, dass in einem schulpsychologischen Gutachten die Schulfähigkeit bestätigt wird.

Ein Kind, das am 30. September mindestens sechs Jahre alt ist, kann für ein Schuljahr von der Aufnahme in die Grundschule zurückgestellt werden. Wer sein Kind in die Schule schicken möchte, muss nichts tun. Eltern, die ihr Kind aber lieber noch ein Jahr im Kindergarten wissen möchten, müssen dies bis spätestens zum 3. Mai ihrer Sprengelschule schriftlich mitteilen.

"Bis zum Mai ist es nicht mehr lang hin", sagt Schulrätin Cordula Haderlein. Doch wie sich der neue Einschulungskorridor in der Zukunft bemerkbar macht, das "muss man in der Praxis sehen", schließlich habe man darüber noch keine Erfahrungen. Aus den Schulen selbst, so Haderlein, kämen ganz unterschiedliche Signale, da gäbe es Schulen, in denen die Eltern viel Informationsbedarf hätten, aber auch Schulen, mit wenig Info-Wünschen. Dass früh eingeschulte Kinder Nachteile im Schulbetrieb haben, "das kann man pauschal nicht sagen", so Haderlein. Wichtig sei es, im Dialog zu bleiben und die Eltern "in die Verantwortung mit reinzunehmen" und ihnen nicht das Gefühl zu geben "Spielball der Ämter" zu sein. "Alle Eltern wollen das Beste für ihr Kind und machen das verantwortungsbewusst."

Dass früher eingeschulte Kinder in der Schule schlechter abschneiden, dass kann Bettina Lander, Rektorin der Grundschule Reuth, nicht bestätigen. Wohl aber hätten jüngere Kinder durchaus "sozial ihre Probleme". Will heißen: Diese Kinder sind ungeduldiger, etwa wenn sie sich melden und nicht sofort vom Lehrer drangenommen werden. "Ältere Kinder sind gefestigter und reifer und verkraften das besser."

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