Forchheimer Anstattfest: "Glücksfall" oder "Reinfall"?

24.6.2018, 19:30 Uhr
Gefühlsausbrüche beim (überglücklichen) Siegtreffer in der letzten Spielminute im Spiel Deutschland-Schweden: Auf dem Kaiserstrand wurde - wie vielerorts in der Innenstadt - das Public Viewing während des Anstattfestes reaktiviert.

© Roland Huber Gefühlsausbrüche beim (überglücklichen) Siegtreffer in der letzten Spielminute im Spiel Deutschland-Schweden: Auf dem Kaiserstrand wurde - wie vielerorts in der Innenstadt - das Public Viewing während des Anstattfestes reaktiviert.

"Ich find‘s super, ist doch ein Glücksfall für die kleine Stadt", sagt Emrah Keser. Der Student aus Forchheim sitzt am Samstagnachmittag mit BWL-Kommilitonen aus Erlangen an einem der Biertische auf dem Rathaushausplatz. Auf der Bühne hauen gerade die Kaiserschnitten in die Saiten.

Die Studienkollegen prosten sich zu. "Ich habe jetzt schon ein paar Leute meckern gehört, dass hier am Rathaus kein Forchheimer Bier ausgeschenkt wird", erzählt der 25-Jährige. "Mensch, denk ich mir, dann müssen sie halt die 50 Meter laufen, wenn sie’s so haben wollen", sagt Keser und streckt den Daumen Richtung Sattlertorstraße, wo sich ein gutes Dutzend Leute vor der Brauereigaststätte Neder eingefunden haben.

Apropos ein gutes Dutzend: Mindestens so viele Male musste am Freitagabend der Holzhammer geschwungen werden, bis das erste Festbier floss.

Der Fest-Start war verhalten besucht, erst als es dämmerte, füllten sich die Gassen in bester Musik-, Trink- und Feierlaune, in der Apothekenstraße herrschte teilweise kein Durchkommen mehr. Ebenda ertönten am Samstag bereits um 11 Uhr die ersten Klänge vom Musikpodium, das Wetter ließ aber weiterhin zu wünschen ürbig. Viele Bierbänke im Freien blieben tagsüber  leer, man bevölkerte lieber die Gaststätten und Bars in der Innenstadt.

Die jüngere Generation ließ sich von der Witterungen dagegen kaum beeindrucken: beim Kinderbungee und im Karussell auf dem Paradeplatz wurde durchgehend gehüpft respektive gefahren, an der Kaiserpfalz übten die Kleinen beim Bogenschießen. Es dauerte eben alles ein wenig – aber spätestens zum WM-Länderspiel Deutschland gegen Schweden am Abend kam mit mehr Besuchern auch mehr Stimmung vor den Fernsehbildschirmen und Leinwänden auf. Am Sonntag ging das Treiben in den Endspurt, neben Musik und Kulinarik stand am Nachmittag ein Poetry Slam im Alten Zollhaus an.

"Weißwurst, Weizen und dazu Blasmusik – was gibt’s Besseres?", fragte zuvor am Vormittag Marlies Ottmann. Rhetorisch, versteht sich. Zusammen mit ihrem Mann Gerd war sie von Bamberg angereist, um zur Musik des Spielmannzugs Jahn vor dem Rathaus frühzuschoppen. Neben ihnen saß ein älterer Herr – "aus Buckenhofen", mehr wollte er nicht von sich preisgeben. Er meinte: "Ich war jetzt jeden Tag auf diesem Fest, bis auf den Frühschoppen gerade, ist es doch ein totaler Reinfall." Dass abends mehr los sei, habe er zwar gehört – "aber tagsüber war hier dauernd tote Hose. Des Ersatzfestla hätt‘ es nicht gebraucht".

Ähnlich äußern sich auch viele Kommentatoren auf den Online-Plattformen der Nordbayerischen Nachrichten. Andere wiederum zeigen sich durchaus angetan vom ersten Anstattfest. "Wir fanden es bis aufs Wetter recht gut, man hat gesehen, dass sich die Leute viel Mühe gegeben haben, um ein ,Ersatzfest‘ zu organisieren. Es wird immer nur gemotzt, dass es in Forchheim nichts gibt und wenn dann was gemacht wird, ist komischerweise kein Mensch da!", schreibt ein User. Und eine andere Kommentatorin meint schlichtweg: "Schade, dass man es manchen Menschen nie recht machen kann."

Keine Kommentare