Forchheimer Parkplätze zum Radio-Klau genutzt

20.8.2018, 12:00 Uhr
Forchheimer Parkplätze zum Radio-Klau genutzt

© Foto: Peter Roggenthin

Es ist der 3. Februar 2017, am frühen Abend. Der Lkw-Fahrer Kajus D. (Name geändert) ist, wie die vergangenen fünf Jahre schon, auf dem Weg von Frankreich zurück in sein Heimatland Litauen. Wegen einer Lenkpause hat er mit seinem Sattelzug die Autobahn bei Forchheim verlassen. Hier erfährt er von seinem Chef, der eine große Spedition in Litauen betreibt, dass er für seine Arbeit kein Geld bekommen wird. "Zu Hause war es finanziell sowieso knapp," so der Angeklagte, der mit etwas mehr als 1000 Euro monatlich seine dreiköpfige Familie zu versorgen hatte.

Griff zum Nothammer

Kajus D. trinkt aus Frust "ein paar Bier". Vielleicht waren es  zehn bis zwölf. So genau kann es der Angeklagte dem Strafrichter Mathias Schmolke nicht mehr sagen. Dann fasst er einen spontanen Entschluss, nicht mit leeren Händen an die Ostsee zurückzukehren. Er greift zum Nothammer und macht sich im Süden Forchheims auf die Suche nach Autos, in denen er etwas erbeuten will. Fündig wird er am Pendlerparkplatz "Am Halben Weg", am Parkplatz in der Steinbühlstraße, der von Bahnreisenden genutzt wird, sowie auf dem A.T.U.-Gelände im Gewerbegebiet.

Insgesamt sechsmal nimmt er Autoradios an sich. Wobei er in vier Fällen die Seitenscheibe einschlägt, in zwei anderen Fällen ohne Gewalt ins unverschlossene Fahrzeug gelangt. Bei den Aufbrüchen, die als "schwerer Diebstahl" gelten, entsteht ein Sachschaden von rund 1600 Euro. Im Gegensatz dazu hatten die "geringwertigen Autoradios älterer Bauart", wie der Anklagevertreter erklärte, nur einen Zeitwert von etwa 500 Euro. Dafür erlöste Kajus D. in Litauen gerade einmal 120 Euro.

Und doch ging das Gericht von gewerbsmäßigen Taten aus, die dazu gedient hätten, den eigenen Lebensunterhalt ganz oder teilweise zu bestreiten. "Ich kann es bis heute nicht verstehen, warum ich das alles getan habe," so ein sichtlich zerknirschter Kajus D.

Auf die Schliche kam ihm die Kriminalpolizei Bamberg durch eine DNA-Spur, die sich an einem der Tatorte fand. Offenbar hatte sich Kajus D. an einer der Glasscherben verletzt. Die blutigen Reste führten direkt zu Kajus D., der vor drei Jahren schon einmal bei einer ähnlichen Diebstahlserie in München aufgefallen, jedoch nicht verurteilt worden war.

Außerdem hatten die Ermittler festgestellt, dass er sich zur Tatzeit ganz in der Nähe, am Autobahn-Rasthof Knetzgau, in ein öffentliches W-Lan eingeloggt hatte. Es folgte die Auslieferung dank europäischen Haftbefehls.

An organisierte Kriminalität glaubte keiner im Gerichtsaal. "Das war kein gezieltes, geplantes Handeln mit dem Ziel hochwertige Gegenstände zu entwenden", so Staatsanwalt Marian Rübsamen. Es handle sich nicht um den klassischen Bandendiebstahl osteuropäischer Machart, gab Rechtsanwalt Christoph Rühlmann (Düren) zu bedenken. Der Pflichtverteidiger machte besonders das frühzeitige und umfassende Geständnis seines Mandanten, die fehlenden Vorstrafen und den geringen Schaden strafmildernd geltend.

900 Euro zahlen

"Damit Sie spüren, dass das hier kein Freispruch ist," so Strafrichter Mathias Schmolke, "müssen Sie in den nächsten sechs Monaten als Bewährungsauflage 900 Euro an Lifeline Bamberg zahlen." Verurteilt wurde D. zu einem Jahr und drei Monaten Haft auf Bewährung. Auf ein Ausreisegebot und Wiedereinreiseverbot verzichtete Amtsrichter Schmolke, um Kajus D. für seine berufliche Zukunft als Kraftfahrer keine Steine in den Weg zu legen.