Forchheims OB übt Kritik am Jahn

22.1.2018, 17:23 Uhr
Forchheims OB übt Kritik am Jahn

© Foto: Athina Tsimplostefanaki

"Was dem neuen Jahr so alles zuzutrauen ist" war Nora Gomringers Vortrag überschrieben, der minutenlangen Applaus bekam. Ehe sie aufs Thema einging, erlebte das Auditorium hohe Kunst: wie Dichten und Rezitieren Hand in Hand gehen können, wie Heinrich Heine und Else Lasker-Schüler so unterhaltsam wie tiefgründig daherkommen und was Goethe und Gomringer gemeinsam haben (sie sind beide Abiturstoff).

Am Ende versuchte die Dichterin eine Antwort zu finden für 2018 mit der Formulierung: "Vielleicht Verwandlungen des Selbst", auf der persönlichen, individuellen Ebene. Sie diente als Anlauf für den nächsten literarischen Einschub ("Wir hätten nie mitgemacht bei dieser Sache"), der sich als Reflexion entpuppte, als unterlassene, damals, als "wir" die Möglichkeit gehabt hätten, "nicht mitzumachen", dann aber doch mitmachten, "irgendwie". Wie entscheiden wir, wenn wir wieder mitmachen sollen, heute?

Die Antwort gibt sich jeder selbst. Zuletzt fand die Ingeborg-Bachmann-Preis-Trägerin, Direktorin des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia in Bamberg, Halb-Schweizerin und Vollblut-Tochter des 93-jährigen Poetikprofessors und Dichters Eugen Gomringer, Schwester von sieben Brüdern, zu einer, vielleicht nicht ganz unvorhersehbaren, aber schlichten Antwort: Das neue Jahr in Forchheim möge eines sein "mit ganz viel Kunst und guter Wirkkraft darin".

Ob sie sich über den Umgang der Stadt mit dem Thema Kultur zuvor informiert hatte? Zumindest in der Kaiserpfalz ist generell und war speziell an diesem Abend kein Entrinnen vor der Kunst. An den Wänden: Zeichnungen Harald Winters, Porträts und Beobachtungen aus Berlin (noch bis 4. März). In der Luft: Klänge des Marimbaphons, erzeugt von Radoslaw Szarek, Professor an der Nürnberger Musikhochschule. Er bespielte die Übergänge von einem Redner zum nächsten und verzauberte dabei mit Fingerfertigkeit und Virtuosität ein Publikum, das sich nach dem Vortrag von Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) fragte, was es da gerade eben eigentlich gehört hatte.

Ein politischer Ausblick auf 2018 sollte es sein, so die Einladung. Und tatsächlich: Das Rathaus, sagte er, wird bis 2022 saniert werden, wofür 2018 die Pläne abgeschlossen werden sollen. Abgeschlossen auch: das Integrierte Städtebauliche Entwicklungskonzept, nach acht Jahren Diskussion. Am Ende, so Kirschstein, werde es "vermutlich nur noch eine Randnotiz" sein.

"Ein gemeinsames Ziel"

Im Gegensatz zum Mega-Thema Klinik-Fusion, das schon seit mehr als 20 Jahren hin- und herschwappt. Nun aber, hob Kirschstein hervor, stehe es kurz vor dem Abschluss. Er hatte im Hinterkopf aktuelle nichtöffentlich geführte Verhandlungen in Stadt und Landkreis: "Landrat Dr. Ulm und mich eint, dass wir ein gemeinsames Ziel verfolgen." Das war bekanntlich unter früheren personellen Konstellationen nicht so.

Wer wollte, konnte hier Kritik heraushören. Ein Stich, gesetzt mit dem Florett. Den Säbel hatte sich der OB für die SpVgg Jahn aufgehoben. Der Stadtrat habe seine Hausaufgaben gemacht in Sachen "Jahn-Umzug". Nun liege es am Verein, sich zu bewegen, was dieser im Vereinsmagazin ja auch selbst so festgehalten habe. Auf dem heutigen Jahngelände will ein Hamburger Investor seit Jahren Wohnbebauung verwirklichen. Die schwierigen Grundstücksfragen hier und im Stadtnorden, wo die Zukunft des Jahn liegt, verhinderten bisher eine Lösung. Kirschstein: "Ich will für ein Problem die beste Lösung, nicht irgendeine."

Die Zeit dränge. Er sei "erstaunt über die Geduld des Investors. Ich frage mich wirklich, mit welchem Selbstverständnis die Verantwortlichen des Sportvereins hier agieren. Alle um sie herum arbeiten, strengen sich an, bemühen sich und ringen um Lösungen. So frage ich mich, was der Führung des Sportvereins an Leistungsfähigkeit noch zuzutrauen ist? Diese Frage gilt es in diesem Jahr zu beantworten." Sprach’s, und setzte sich wieder hin. Dann kam die Dichterin.

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