Fränkischer Theatersommer brilliert mit Lucas Cranach

28.7.2017, 06:00 Uhr
Fränkischer Theatersommer brilliert mit Lucas Cranach

© Udo Güldner

Vor einem Jahr war Martin Luther gestorben. Seine Ideen aber lebten weiter — und führten zwischen seinen Anhängern und Gegnern zu Mord und Totschlag. Das musste auch die Familie Cranach 1547 in Wittenberg erleben. Ihr bisheriger Gönner, der protestantische Kurfürst Johann Friedrich, war in Gefangenschaft geraten. Schon standen die kaiserlich-katholischen Truppen vor den Toren der Stadt. Panik brach aus.

Für Lucas Cranach den Älteren (Jürgen Peter) stand viel auf dem Spiel. Würde seine Kunst ihn schützen — oder verderben? Schließlich war er Hofmaler des Kurfürsten und Bildverkünder der Lutherschen Gedanken gewesen. Oder würden die neuen Herren eine ebensolche Eitelkeit an den Tag legen, wie ihre glücklosen Vorgänger?

Die Dialoge vor dem Altar begleiteten, untermalten und kommentierten immer wieder die Gemälde der beiden Cranachs. Der Vater hatte sich mit höfischen Jagdszenen, Porträts lebendiger und toter Mächtiger und den weithin bekannten Luther-Bildern einen künstlerischen Ruf erworben. Er hatte sie alle gemalt, Kaiser und Fürsten, Götter und Heilige, Hirsche und Eber.

Der Sohn (Nicolas Peter) hatte im Schatten des Älteren eine eigene Handschrift entwickelt. Seine Gemälde haben durch den betonten Schlagschatten mehr räumliche Tiefe, seine menschlichen Motive zeigen hellere Hautpartien, seine Reformatoren betreten fortan als Gruppe die Leinwand.

Musikalisch gelang dem Komponisten Andreas Rüsing aus Fürth an der Kirchenorgel oder dem mitgebrachten Keyboard eine feine Balance aus renaissancehaften Klängen und modernen Stimmungsbildern. Neben den Großen der Geschichte wie Martin Luther, Erasmus von Rotterdam oder Philipp Melanchton kamen auch die "kleinen Leute" zu Wort, die zu dieser Zeit sonst nur in Komödien eine Rolle spielten. Zwei Mägde (Sibylle Mantau und Gitti Rüsing) klatschten und tratschten beim Wäschewaschen über katholische Kanonenkugeln und den nach Wittenberg kommenden Kaiser (Heinz Petri).

Verbittert und enttäuscht

Die Theaterpause bedeutete für Lucas Cranach den Älteren, verbittert und enttäuscht von der Ungnade des Kaisers für dessen unterlegene Gegner, zugleich das Ende. Noch während das Publikum im Dietrich-Bonhöffer-Haus Erfrischungen zu sich nahm, trat der umtriebige Maler, der neben seiner Werkstatt auch eine Apotheke und eine Weinschenke betrieben hatte, von der Lebensbühne ab.

Er hatte viele verheerende Kriege gesehen, hatte Luthers vergiftete Worte gegen die Juden gehört, hatte Thomas Müntzers schreckliches Ende an der Spitze des Bauernaufstandes erlebt. Ereignisreich waren die Jahre gewesen. Danach trat Lucas Cranach der Jüngere aus dem Schatten seines Vaters. Er wurde selbst zum einflussreichen und geschätzten Künstler. Auch ihm blieben gepinselte Huldigungen nicht erspart, auch er stellte sich die Frage nach dem Gehorsam gegenüber Gott und gegenüber der weltlichen Ordnung, auch er lebte inmitten falscher Propheten und Menschen, die nur den eigenen Vorteil sahen.

Im Fall der "Katharina Kellermann" zeigte sich des Cranach-Sohnes eigener politischer Spielraum als Ratsherr. Dabei ging es um die drohende Hinrichtung einer Ehebrecherin, die er, an der Seite seines großen Vorbildes Melanchton (Jan Burdinski) und auf Anraten seiner zweiten Ehefrau zu verhindern trachtete. Erfrischend, dass Jan Burdinski als Autor nicht in eine literarische Huldigungsstarre verfiel, sondern mit wachem Auge auch die dunklen Ecken ausleuchtete. Lucas Cranach und seine Zeitgenossen wurden zu mehr als nur historische Figuren — zu Menschen.

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