Frau beleidigt, Gericht ignoriert: Sechs Monate Haft

5.3.2015, 15:16 Uhr

Zwei Vorwürfe standen im Mittelpunkt der Anklage, die von Staatsanwältin Antje Raschka vertreten wurde. Zum einen soll der 33-jährige Iraker seit Spätsommer 2014 wiederholt gegen eine so genannte Führungsaufsicht des Landgerichts Bayreuth verstoßen haben. Diese besagt, dass sich der Angeklagte einmal wöchentlich bei der Forchheimer Polizei melden muss, nachdem er zuvor eine dreijährige Haftstrafe abgesessen hatte.

Zum anderen soll der Angeklagte, der in Forchheim arbeitet, eine ihm bekannte Frau über das Netzwerk Facebook beleidigt haben. Er bezeichnete sie auf dem Portal als „Schlampe“ und „Lügnerin“, wobei der Mann in Kauf nahm, dass diese Beschimpfungen per Google-Namenssuche für jedermann zu finden waren.

„Facebook hat mich deswegen ja nicht abgemeldet“, entgegnete der Iraker in gebrochenem Deutsch. Deshalb könne es sich bei den gegen die Frau gerichteten Einträgen um keine Beleidigungen handeln, so die Einschätzung des Mannes – sonst wäre sein Account ja vom Betreiber gesperrt worden. Noch laxer begründete der Arbeiter, warum er sich nur ein einziges Mal bei der Forchheimer Polizei gemeldet hatte. „Im Brief des Gerichtes stand nur, ich soll mich melden – und nicht das Wort muss.“ Außerdem sei die Führungsweisung des Bayreuther Gerichts eine Beleidigung ihm gegenüber. „Ich war schließlich unschuldig verurteilt“, rief er Richterin Schneider zu und hielt ihr sowie der Justiz vor, sie würden ihn als bloßen Spielball ansehen.

Schneider ließ sich nicht beirren. Ruhig erklärte sie, dass sie lediglich ihre Arbeit als Richterin tue. Dann übergab sie das Wort an Staatsanwältin Raschka. In ihrem Plädoyer forderte sie, den uneinsichtigen 33-Jährigen zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung zu verurteilen und ihm die Prozesskosten aufzuerlegen. Dass er schuldig sei, zeigten die jeweiligen Beweise deutlich – allen voran ausgedruckte Facebook-Seiten, die die Beleidigungen schwarz auf weiß zeigen.

Beleidigungen normal?

Die Verteidigung des Mannes sah das anders. Mit Blick auf die Beleidigungen gab sie dem Gericht zu bedenken, dass sie in einem anderen Kulturkreis eine andere, weniger beleidigende Bedeutung haben könnten.

Verfangen tat diese Argumentation jedoch nicht. Richterin Schneider verurteilte den Angeklagten zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Auch die Gerichtskosten muss der Iraker tragen. Mit Blick auf die vom Angeklagten nicht beachtete Führungsaufsicht erklärte Schneider, sie sei eindeutig gewesen: „Da kann man in der Wortwahl nichts falsch verstehen.“ Und sie ergänzte, dass Beleidigungen hierzulande nun einmal gerichtlich geahndet werden.

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