Geschenkte Mülltüten im Landkreis Forchheim statt Stoffwindelbonus

23.9.2018, 18:00 Uhr
Geschenkte Mülltüten im Landkreis Forchheim statt Stoffwindelbonus

© Foto: Petra Malbrich

Mindestens eine Tonne Plastikmüll fällt an, bis ein Baby sauber wird. In Zahlen ausgedrückt sind es gut 5000 Wegwerfwindeln bei einer Wickelzeit von drei Jahren. Die Bilder der Plastikmüllberge hat auch Franziska Merkl in den Medien gesehen. Bilder, die ihr gerade beim Wickeln ihrer acht Monate alten Tochter immer wieder in den Sinn kamen. Das hat die 24-jährige Igensdorferin aufschrecken lassen. Seitdem sind Stoffwindeln ihre Alternative.

"Ich habe mich dann immer mehr mit dem Thema befasst", sagt Merkl. Auch im Hebammen- und Familienzentrum "Zwergenland" in Forth lernte sie die Stoffwindeln kennen. Und sie erfuhr, dass manche Landkreise einen sogenannten Stoffwindelbonus zahlen, weil man zur Müllvermeidung beiträgt. Im Landkreis Forchheim gibt es den Bonus nicht. Dennoch gehen Neugeborene nicht leer aus. "Wir vergeben 20 Müllsäcke kostenlos und einen Rauchmelder", erklärt Pressesprecher Holger Strehl.

50 Euro pro Neugeborenes

"Andere Landkreise sind da schon fortschrittlicher", findet Merkl. Neben dem Landkreis Bayreuth vergibt auch der Landkreis Nürnberger Land den Stoffwindelzuschuss. "Mit 50 Euro fördern wir diese private Maßnahme zur Müllvermeidung", erklärt Hartmut Riedel, Abfallberater im Landratsamt in Lauf. Pro Neugeborenes. Ein Nachweis über die gekauften Stoffwindeln müssen die Antragsteller erbringen. Hierfür reicht die Vorlage einer Rechnung. Oder eine schriftliche Bestätigung mit Foto, wann diese Stoffwindeln im Freundes- oder Verwandtenkreis weiter gegeben wurden.

Auch Franziska Merkl hat ihre Stoffwindeln, die den Pampers ähnlich, jedoch nicht aus Plastik sondern aus Baumwolle sind, gebraucht gekauft. Die Anschaffung der Windelhöschen ist nicht günstig. Sie kosten rund 85 Euro pro Höschen, für eine ganze Wickelausrüstung in dieser Stoffwindelform kommen schnell rund 500 Euro zusammen, sagt Riedel.

In das Höschen kommen Einlagen aus Baumwolle, aus Bambus, Hanf oder aus Frottee, erklärt Merkel. Das war am Anfang gewöhnungsbedürftig. "Mir fielen dann vor allem die vielen Vorteile fürs Baby auf", erklärt die junge Mutter. Diese sind vor allem weniger Chemie an der Babyhaut, kein wund geriebener Po oder keine Bläschen wegen Allergien. Und langfristig gesehen spart es Geld. Merkl benutzt auch keine Feuchttücher. "Die sind auch nur voller Chemie, kosten Geld und produzieren Müll."

"Wir fördern nicht die Anschaffung, sondern die Leistung", erklärt Abfallberater Riedel. Grund für die Müllvermeidung war der Müllnotstand im Jahr 1992. Da kam im Landkreis Nürnberger Land der Stoffwindelbonus ins Gespräch. "Wir entwickelten ein Abfallkonzept, das in den wichtigsten Teilen noch Bestand hat", erklärt Riedel. Neben der Abfalltrennung war auch die Abfallvermeidung ein Thema und es wurden entsprechende Maßnahmen eingeführt. Eine davon war der finanzielle Zuschuss für private Müllvermeidung bei den Windeln.

"Die Müllvermeidung war damals mehr im Bewusstsein. Die Menschen waren sensibilisiert durch die Medien", sagt Riedel. In den Jahren hatten viele den Stoffwindelzuschuss beantragt, dann wurden es weniger geworden. In den vergangenen Jahren sind es wieder mehr. Ungefähr 50 Mal im Jahr wird der Zuschuss ausgezahlt.

Um die Stoffwindel zu waschen, braucht es allerdings Wasser. Dass nicht nur auf die Vermeidung des Plastikmülls geachtet werden kann, weiß Riedel auch. Schließlich wird mehr Wasser verbraucht, denn die Stoffwindeln müssen gewaschen werden. "Die Gesamtökobilanz war ausgeglichen, deshalb können wir das mit gutem Gewissen fördern", sagt Riedel. Und das seit 26 Jahren. Müllsäcke hingegen gibt es nicht gratis.

Thema für den Kreistag

Für die Grünen-Kreisrätin Barbara Poneleit aus Igensdorf ist der Stoffwindelbonus deshalb auf jeden Fall ein Thema für den Kreistag. "Analog zum Service der Wegwerfer sollten junge Eltern unterstützt werden, die das nicht tun möchten", erklärt Poneleit. Wie viel Müll durch die Plastikwindeln entsteht, kann sie in Zahlen nicht sagen. Ein Thema sei der Stoffwindelbonus im Landratsamt bisher nicht gewesen, weil es diesbezüglich kaum Nachfragen gab, erklärte Strehl.

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