Glorreiche Zeiten im Radball

20.8.2015, 12:30 Uhr
Glorreiche Zeiten im Radball

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Nachdem die 60er Jahre von einer zunehmenden Motorsportfaszination geprägt waren, stand der 1910 gegründete Radfahr- und Motorsportverein Concordia aus Kirchehrenbach 1979 am Scheideweg. Mit dem Tod ihres langjährigen Vorsitzenden Georg Sitzmann entschieden sich die acht verbliebenen Mitglieder für eine Rückbesinnung auf das Rad als Steckenpferd. Wanderfahrten kamen als wichtiger Teil des Vereinslebens wieder in Mode, Neuland betrat die Concordia mit ihren Abteilungen für Kunstrad und Radball.

„Dem Verband war sehr an Zuwachs gelegen. Also gab es für den Anfang sechs gebrauchte Räder für einen Spottpreis von damals 800 Mark. Heute kosten die Dinger mindestens 1500 Euro“, erklärt Alfred Pieger. Josef, der Bruder des aktuellen RMSV-Vorsitzenden gehörte neben dem unersetzbaren Gerätewart Otto Dötzer zu den treibenden Kräften, die sich für den Radball engagierten. Zwei Zweier-Mannschaften, die in der großen Grundschulhalle übten, nahmen den Betrieb auf. Auf einem elf mal 14 Meter großen Spielfeld galt es, einen Ball aus Rosshaar von der Größe zwischen Tennis- und Handball mit dem Rad oder dem Körper in einem zwei Meter breiten Tor unterzubringen. Meist wird das Spielgerät mit dem Vorder- oder Hinterrad getroffen, theoretisch sind jedoch sogar Kopfbälle möglich, solange kein Fußkontakt zum Boden besteht. Ein Schiedsrichter und ein Spielleiter, der außerhalb des Feldes auch für die Zeitnahme zuständig ist, greifen bei Regelverstößen ein.

Bis an die Zonengrenze

Die Punktspiele wurden samstags von 15 bis 18 Uhr und sonntags von 9 bis 12 Uhr ausgetragen. Die Gegner der A- und B-Schüler kamen aus Hof, Kulmbach, Burgkunstadt, Bischberg, Eisenbühl, Bischberg und Gaustadt. Ihren größten Erfolg feierten die Kirchehrenbacher Radballer mit dem Duo Heinrich Postler und Gerhard Pieger, die 1984 den Meistertitel in der oberfränkischen Bezirksliga gewannen.

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Mit der fruchtbaren Entwicklung der Kunst- und Einradabteilung, die maßgeblich für den Anstieg auf über 100 Mitglieder binnen fünf Jahren nach der Neuausrichtung verantwortlich war, konnten die RMSV-Radballer allerdings nicht mithalten. Während sich mit Stefan Pieger 1992 erstmals ein Kunstradfahrer für eine bayerische Meisterschaft qualifizierte, hatten die Radballer ihre Teams drei Jahre zuvor abmelden müssen. 1997 organisierten sie in Kirchehrenbach einen Radsporttag mit Bundesligaspielern aus Chemnitz. Trotzdem war Nachwuchs erst wieder viele Jahre später vorhanden, als Heinrich Postler die Abteilung noch einmal von 2004 bis 2010 wiederbelebte. Ein neuerlicher Versuch scheint aussichtslos.

„Bei der Jugend sind Mannschaftssportarten mit mehr Spielern beliebter. Demgegenüber sind die Mietkosten für den Verein bezogen auf die wenigen Aktiven sehr hoch. Die Radballer beanspruchen einen Hallenboden zudem intensiver als die Kunstradfahrer. Das ginge nicht lange gut“, weiß Alfred Pieger. Wem nach Radball ist, der muss sich mit der Rolle als Zuschauer bei internationalen Wettkämpfen oder Spielen der verbliebenen oberfränkischen Vereine wie dem RVC Burgkunstadt begnügen.

Mehr als nur ein Trostpflaster sind die Meisterschaften, die der RMSV Concordia auf dem Kunstrad eingefahren hat. Den ersten Bayerntitel der Vereinsgeschichte holte 2008, als die bisherige Trainerin Anja Gebhardt zur Kirchehrenbacher Bürgermeisterin gewählt und von Daniela Meixner und Andrea Kohl abgelöst wurde, Lukas Kohl. Das größte Nachwuchstalent aus den eigenen Reihen bescherte dem Verein zum 100-jährigen Jubiläum 2010 den ersten Deutschen Meistertitel, 2013 und 2014 jeweils die Junioren-Europameisterschaft. Längst folgt die nächste Generation mit starken Leistungen auf bayerischer Ebene auf seinen Spuren.

 

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