Gratis-ÖPNV: Stimmen aus dem Landkreis Forchheim

18.2.2018, 08:00 Uhr
Gratis-ÖPNV: Stimmen aus dem Landkreis Forchheim

© Foto: Ralf Rödel

"Zwar lassen sich gewisse Kosten reduzieren, wenn der ÖPNV gratis wäre, zum Beispiel die für die Fahrscheinkontrollen", erklärt Klaus Hummel, ÖPNV-Beauftragter im Landkreis Forchheim. Doch an anderer Stelle würden neue entstehen: "Wenn plötzlich viel mehr Leute auf Busse umsteigen, bräuchte man eine höhere Taktung zu den Spitzenzeiten und natürlich mehr Fahrzeuge und mehr Fahrer", erklärt Hummel. Wegen der höheren Nachfrage würden bei den Busherstellern die Preise hochschnellen.

Doch das sei nicht alles: "Zum Teil müsste auch die Infrastruktur angepasst werden, die Haltestellenbelegung neu geplant werden." Die Kommunen könnten das nicht stemmen. 8,5 Millionen Euro kostet laut Hummel der Busverkehr allein im Landkreis pro Jahr, 65 Prozent davon werden durch den Fahrscheinverkauf finanziert. "Wenn diese Summe wegfällt, muss sie ja von irgendwem ersetzt werden", beschreibt er. Wer das sein könnte? Höchstwahrscheinlich der Steuerzahler, vermutet der Experte.

Der Bund der Steuerzahler lehnt einen steuerfinanzierten ÖPNV naturgemäß ab. Ein solches System würde vielleicht in den Großstädten manchen Bürger freuen, so die Argumentation. Etwas anders sieht das MdB Andreas Schwarz von der SPD. Er findet die Idee eines kostenlosen ÖPNV durchaus "charmant", auch wenn sie noch "einige Fragezeichen aufwirft". Kommt die Große Koalition zustande, müsste seine Partei den Vorschlag der Bundesregierung mittragen. Will man das als Partei, die für Gerechtigkeit eintritt? "Wie in anderen Bereichen ist auch hier der Solidaritätsgedanke angebracht", findet Schwarz. Es solle aber prinzipiell "eine win-win-Situation für alle Beteiligten" dadurch entstehen.

Netz ausdehnen

Auch MdB Silke Launert (CSU) könnte sich mit der Idee anfreunden: "Bestimmt würden viele umsteigen, wenn die Busse günstiger oder umsonst fahren würden", sagt sie. Anstelle von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge sei die Idee der Bundesregierung die bessere Option. Gleichzeitig müsse das Busnetz aber auch in die ländlichen, abgelegenen Gebiete ausgedehnt werden — Launerts Wahlkreis ist wohlgemerkt die Fränkische Schweiz, eine weitläufige, dünn besiedelte Gegend — in der viele Bewohner auf ihre Autos angewiesen sind.

Aktuelle Zahlen für den Landkreis liegen derzeit nicht vor. Den bislang größten Zuwachs im Stadtverkehr gab es laut Hummel nach der Erhöhung der Taktung im Jahr 2006, die sich bis 2012 in den Zahlen niederschlug: eine Steigerung von 50 Prozent. Und es soll weiter bergauf gehen: Seit Dezember 2017 sind die Busse im Landkreis abends länger unterwegs, zunächst befristet für zwei Jahre. Danach will man sehen, ob sich der Mehraufwand bezahlt macht.

Ins Rollen gebracht hatte die Initiative MdB Lisa Badum von den Grünen — die derzeit eine spezielle Form des Fastens ausprobiert: Sie will klimaneutral leben. Käme ihr da ein kostenloser ÖPNV nicht gerade recht? "Das ist schon ein interessanter Vorschlag, aber gleichzeitig kein Argument, Autos nicht auf Kosten der Hersteller umzurüsten und umweltfreundlicher zu machen", sagt Badum.

Grenzwerte eingehalten

Wie hoch die Abgaswerte im Landkreis liegen, lässt sich schwer sagen: Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) hat zwar Luftmessgeräte im Freistaat aufgestellt — aber keines im Landkreis Forchheim, wie das LfU auf NN-Anfrage bestätigt. Anhand von Vergleichsrechnungen könne man jedoch für den Landkreis bei Feinstaub und Stickstoffdioxid Entwarnung geben. Die Grenzwerte würden eingehalten, erklärt ein LfU Sprecher.

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