Versuchter Totschlag in Bamberg vor Gericht

21.6.2018, 10:00 Uhr
 Versuchter Totschlag in Bamberg vor Gericht

© Uli Deck/Archiv (dpa)

An einem Sonntag im März 2017 irgendwo im Landkreis Forchheim. Ein Mann stürmt in eine Gaststätte. Nach der Mittagszeit sind nur noch wenige Gäste da. Einen davon fasst der junge Mann ins Auge. Ohne Vorwarnung zieht er einen 30 Zentimeter langen Teleskop-Schlagstock und versetzt seinem Gegenüber zwei wuchtige Schläge auf den Kopf. Ein dritter Schlag verfehlt sein Ziel, weil der Getroffene geistesgegenwärtig eine Abwehrbewegung einleitet. Hierdurch wird das linke Handgelenk gebrochen.

Rentner hatte Todesangst

Dabei sollen Worte wie "Ich bringe Dich um" gefallen sein. "Mir ging die Muffe. Ich hatte Todesangst," sagt jetzt der 64-jährige Rentner vor Gericht. Als die Wirtin aus der Küche kommt "ist alles voller Blut". Fabian L. ist da längst mit dem Fahrrad auf der Flucht, wird später aber verhaftet und bleibt fast fünf Monate in Untersuchungshaft. Sein Opfer kommt ins Klinikum Forchheim.

Sein Opfer hatte Fabian L. nicht zufällig ausgesucht. Vielmehr handelte es sich um einen Racheakt, weil der ältere Mann angeblich versucht haben soll, die Beziehung Fabian L.s mit der Tochter der Gastwirtin auseinanderzubringen. "Er hatte sie gegen mich aufgehetzt." Bereits am Telefon hatte Fabian L. den "Verräter" nicht nur als "Arschloch", "Wichser" und "Drecksau" beleidigt, sondern ihm außerdem gedroht, er werde ihn kaltmachen, plattmachen oder kaputtmachen – je nach Aussage der Zeugen.

"Blöde Idee"

Die "große Wut" entlud sich dann in dem brutalen Angriff gegen sein größeres Opfer. Der Rentner war aber seit einem Schlaganfall schwerbehindert. Die Aktion sei "eine blöde Idee" gewesen, verlas Rechtsanwalt Christoph Hofmann-Rascu (Erlangen) eine Stellungnahme seines geständigen Mandanten.

Unter den Folgen der stumpfen Gewalt leidet das 64-jährige Opfer bis heute. "Fabian L. hatte mich kurz vor dem Überfall angeschrien: Das wirst Du Dein Leben lang nicht vergessen." Zum einen klagt der Geschädigte über ständige Kopfschmerzen, zum anderen über Ausfallerscheinungen der linken Hand. Dadurch könne er bestimmte Handgriffe nicht mehr vollführen. "Die Sachen fallen dann einfach runter."

Weil er seit dem Vorfall im Dorf komisch angesehen werde und schlimme Dinge über ihn gesagt worden seien, habe er sich entschlossen, in den Harz umzuziehen. Als Geste des guten Willens hat Fabian L. außergerichtlich 5000 Euro Schmerzensgeld gezahlt, die ihm ein milderes Urteil bescheren werden. Die Wirtin, übrigens die künftige Schwiegermutter des Angeklagten, konnte sich dieses Verhalten nicht erklären: "Er ist ein liebenswerter, hilfsbereiter Mensch."

Die Rechtsmedizinerin Dr. Susanne Huberth (Universität Erlangen-Nürnberg) machte dem Vorsitzenden Richter Manfred Schmidt klar, dass ein Täter es "nicht im Griff" habe, ob er mit derlei Attacken das Leben gefährde. Denn auch solch stark blutenden Kopfplatzwunden könnten sehr bedrohlich werden. Zumal der Getroffene wegen seiner Vorerkrankungen blutverdünnende Medikamente einnähme. Es komme dabei weniger auf das Gewicht des Teleskop-Schlagstocks an, als vielmehr auf die Geschwindigkeit des Schlages. Nur etwas weiter unten am Schädel hätte ein ähnlicher Schlag auch einen Schädelbruch herbeiführen können.

Weitere Zeugen

Am nächsten Verhandlungstag (am 27. Juni 2018 ab 9 Uhr) werden weitere Zeugen gehört, um zu klären, ob es sich tatsächlich um einen versuchten Totschlag oder "nur" um eine gefährliche Körperverletzung gehandelt hat.

Zudem wird es dann darum gehen, ob Fabian L. zum Tatzeitpunkt unter Drogeneinfluss stand und deshalb eine verminderte oder völlige Schuldunfähigkeit angenommen werden muss. Erste Anzeichen gab bereits das toxikologische Gutachten der Rechtsmediziner Prof. Dr. Peter Betz und Dr. Bernhard Schwarze (Universität Erlangen-Nürnberg). Im Blut des Angeklagten hatten sich nämlich Spuren von Haschisch und Crystal Meth gefunden.