In Forchheim entsteht ein neues Orchester

19.3.2018, 18:30 Uhr
In Forchheim entsteht ein neues Orchester

© Fotos: Udo Güldner

"Die Klarinetten sind heute aber sehr leise." Elisabeth Kircheis’ Blick fällt auf leere Stühle. Man merkt, dass zeitgleich ein Konzert des Junior- und des Jugendblas-Orchester stattfindet. Da spielt zwar keiner von "Klangfusion" mit, aus dem Schüleralter sind alle schon heraus. Aber zuhören tun sie, wie die Kinder und Enkel sich vor Publikum schlagen.

Doch auch mit "halber Kraft" begeben sich die "Klangfusionisten" auf die Spuren Freddie Mercurys. Zwischendurch erklärt Elisabeth Kircheis, die zur Zeit an der Hochschule für Musik in München studiert, ihren Musikern, was sich hinter bestimmten Begriffen in der Partitur verbirgt, singt ihnen die melodischen Feinheiten vor und fordert die Trompeten auf, "nicht so zu nuscheln und etwas präziser zu spielen".

Vielleicht klingt da ihre Zeit als Leiterin des Junior-Orchesters noch nach. Die angehende Gymnasiallehrerin zeigt Verständnis, wenn die Tubisten noch nicht die Ausdauer haben, um langanhaltende, laute Passagen zu meistern. Schließlich weiß sie um die Schwächen ihres bunt zusammengewürfelten Klangkörpers, die besonders in der Tonqualität und der rhythmischen Sicherheit auszumachen sind.

Sie weiß aber auch, was das "Blasorchester Klangfusion" ausmacht: Zuverlässigkeit, Ehrgeiz, Aufmerksamkeit und Rücksicht. Ein Ausnahmefall ist Igor Lamprecht (55). Nicht; weil er das Alt-Saxophon spielt — das tun andere auch. Der Musiker kommt extra aus Leutenbach nach Buckenhofen, weil ihn sein Freund und Saxophon-Kollege Willibald Kerzel angesprochen hat. Wie er haben viele hier eine längere musikalische Pause hinter sich. Wenn es bei den meisten "Klangfusionisten" auch keine vier Jahrzehnte sind.

Damals gehörte Lamprecht einer kirchlichen Jugend-Band in Holzwickede an. "Ich wollte nicht mehr alleine für mich, sondern mit anderen gemeinsam spielen. Denn so ein Orchester ist doch mehr als die Summe seiner Einzelstimmen." Außerdem zwängen so viele Musiker zum genauen Hin- und Aufeinanderhören.

Als "I’m a believer" zu hören ist, da müssen einige Akkorde dran glauben. Mit großer Geduld hört die Dirigentin darüber hinweg. Man ist hier ja nicht bei der "Bläserphilharmonie Forchheim". Dem von Mathias Wehr geleiteten sinfonischen Orchester haben einige hier den Rücken gekehrt. "Der zeitliche Aufwand und der Leistungsdruck waren einfach zu groß", so Tubist Daniel Kolb (33). Neben Beruf und Familie sei das für ihn nicht mehr zu leisten gewesen. Das Lockere und Gesellige genießt auch Trompeterin Stefanie Erlwein (32), wie fast alle hier ein Eigengewächs des Musikvereins, das an das Mundstück zurückgekehrt ist.

Noch während daran gefeilt wird, dass in Frank Sinatras "My way" jeder seinen Weg zum gemeinsamen Ziel findet, betreten weitere Musiker den Probenraum. Darunter auch Reinhard Kern (67), der an diesem Abend die einzig ertönende Klarinette spielen wird. Er gehört wie Bernhard Rettig zu den Spätberufenen, die durch ihre Kinder zur Blasmusik gekommen sind. "Ich habe erst mit 47 ein Instrument gelernt. Irgendwann hat mich dann das Sinfonische Blasorchester überfordert. Die Musiker dort haben das von klein auf gelernt." Hier habe man eine schöne Truppe beieinander, spiele unterhaltsame Musik von Pop bis Filmmusik, habe viel Spaß.

In einer Pause bleibt etwas Zeit, um sich mit Adolf Neubauer (62) zu unterhalten. Er war schon 1967 dabei, als die Knabenblaskapelle entstand, aus der sechs Jahre später der Musikverein werden sollte. "Auch mit 62 Jahren kann man sich noch weiterentwickeln." Dass er sich neuen Herausforderungen stellt, hat er bereits bewiesen. Vor zwei Jahren begann er in der Erwachsenen-Bläserklasse den Umstieg von der Klarinette auf das Alt-Saxophon.

Einige Gesichter kommen einem von den musikvereinseigenen "Oldies", die schon über ein Jahrzehnt kein Ständchen mehr gespielt haben, mehr als bekannt vor. "Das Niveau hier ist aber deutlich höher", so Tuba-Spieler Bernhard Rettig. Was noch fehlt sind einige Klarinetten und ganz dringend ein Waldhorn, um einen ausgewogenen Gesamtklang zu erzeugen. Man sei aber über jeden froh, der vom Blatt spielen könne.

Die ersten öffentlichen Auftritte sind eine "Offene Probe" am 27. April im Musikheim sowie die Stadtparkserenade am 8. Juni ab 19.30 Uhr im Le-Perreux-Park. Wer beim "Blasorchester Klangfusion" mitmachen möchte, kann am Probenabend freitags von 20 bis 22 Uhr im Musikheim an der Staustufe vorbeikommen. Weitere Auskünfte erteilt Elisabeth Kircheis: Telefon (01 78) 2 39 90 26, E-Mail elisabeth.kircheis@mv-fb.de

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