Jahresrückblick 2018: Forchheim und seine Gewerbesteuer

28.12.2018, 16:01 Uhr
Jahresrückblick 2018: Forchheim und seine Gewerbesteuer

© Fotos: Jens Kalaene/dpa/Ralf Rödel

Das Jahr 2018 war finanziell gesehen für die Stadt eine Achterbahnfahrt: Mit einem flachen Höhenflug von knapp 14 Millionen Euro an erwarteten Gewerbesteuereinnahmen war der Haushaltsplan aufgestellt worden (2017 waren 15,6 Millionen geflossen, drei mehr als geplant). Doch im Sommer folgte die jähe Talfahrt mit der Warnung: Vielleicht werden es weniger Millionen als gedacht. Einige Firmen hatten wohl Rückerstattungen erhalten, so genau darf die Kämmerei ja nicht darüber sprechen, jedenfalls schien das angestrebte Ziel in Gefahr. Neue Projekte wurden vorsorglich gestoppt. Forchheim war wieder arm wie eine Kirchenmaus. Was nun?

Dann plötzlich, im September, zog die Gewerbesteuerkurve so steil nach oben wie noch nie: 25 Millionen könnten es werden! Forchheim — der Krösus? Wer jetzt einen kollektiven Luftsprung in Verwaltung und Stadtrat erwartete, wurde enttäuscht. Die Mienen der Lokalpolitiker und der Kassenverwalter blieben betont besorgt. Die Sitzung, in der Kämmerer Detlef Winkler die Summe von 25 Millionen Euro verbal mit spitzen Fingern streifte, glich stimmungsmäßig einer Beerdigung.

Knallten die Korken?

Ob im nichtöffentlichen Teil, in dem die Erläuterungen detailliert ausgebreitet wurden, die Korken knallten? Nein, auch nicht. Wie die NN herausfanden, ist für die extreme Steigerung der Einnahmen nur eine einzige Firma verantwortlich: Siemens Healthineers. Der Konzern hatte die Erlanger Tochter als selbstständiges Unternehmen an die Börse gebracht. Intern wird die Gewerbesteuer nun auf die beiden verbliebenen Standorte Erlangen und Forchheim aufgeteilt. Daher bleibt plötzlich so viel Gold in der Wiesent liegen.

Healthineers (wer sich den Kunstnamen nicht merken kann, mag für sich noch auf den alten Begriff "UB Med" zurückgreifen) erweckt nun nicht den Eindruck, als würde es Forchheim bald wieder verlassen wollen. Im Gegenteil. Nach dem kräftigen Zu- und Ausbau an Gebäuden wie Arbeitsplätzen der letzten Jahre laufen bereits Planungen für noch mehr Baukörper und Arbeitsplätze. Also, denkt man sich als Steuerzahler, müsste ja auch die Gewerbesteuer so weiterfließen wie in diesem Jahr begonnen — und Forchheim schwömme bald in einem Meer von Siemensmillionen, steckte hier ein paar davon ins Rathaus, dort welche in den Paradeplatz, baute das Kolpinghaus um, errichtete eine zusätzliche Stadthalle . . . Stopp!

Was, wenn sich die Konjunktur eintrübt? 

Träume sind erlaubt, so lange klar bleibt, dass sie aus Schäumen bestehen. Forchheims Kassenwarte, aber auch die Stadträte sind sich dessen offenbar bewusst. Die Abhängigkeit von einem großen Steuerzahler ist ja nie gut. Manch’ Gemeinde auf dem Land weiß davon ein Lied zu singen. Was, wenn die Firma in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät? Wenn sich die Konjunktur eintrübt? Als erstes sinkt dann der Gewinn und mit ihm die Gewerbesteuer. Außerdem: Die angekündigten Investitionen in die Erweiterung an der Lände belasten selbstverständlich die Gewinnerwartung der Medizintechniker. Weniger Gewinn heißt: siehe oben.

Zehn Millionen Euro mehr an Gewerbesteuern machen also nicht unbedingt glücklich. Vor das Erreichen des nächsten Glückslevels hat der bayerische Gesetzgeber außerdem weitere Challenges gebaut (als es noch UB Med gab, sprach man hier von Hürden). Wer als Stadt mehr Zaster einfährt, muss auch mehr davon abgeben: an den Landkreis nämlich, mit zwei Jahren Verzögerung, weil die berechnete Umlagekraft steigt. Und er kassiert weniger staatliche Zuschüsse ("Schlüsselzuweisungen"), nach dem Motto: Die Forchheimer haben ja nicht mehr so viel Stütze nötig.

"Vorsichtiger Kaufmann"

Was macht also ein Kämmerer, der sich als "vorsichtigen Kaufmann" bezeichnet, ersteht, wenn er vor zehn Millionen Euro Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer steht? Klar: Er rechnet seine Kasse so lange klein, bis fast nichts mehr übrig ist. Ein paar Millionen in die Rückstellungen, um für die höhere Kreisumlage und weniger Zuschüsse gewappnet zu sein; ein paar Millionen zurückbehalten für den schlimmsten Fall — und schon sind die zehn Millionen Geschichte.

Ein Zaubertrick von Detlef "Houdini" Winkler? Hoffentlich nicht. Es wäre Forchheim zu wünschen, dass die Einnahmen weiter steigen. Schließlich hat sich die Stadt, die sich Oberzentrum nennen darf (wenn sie sich auch noch lange nicht so fühlt), viel vorgenommen. Da kämen ein paar Milliönchen extra gerade recht.

Verwandte Themen


2 Kommentare