Kirschen als Luxus? Obstbauern fürchten um Jahresernte

5.5.2017, 06:00 Uhr
Kirschen als Luxus? Obstbauern fürchten um Jahresernte

© Foto: Birgit Herrnleben

Hans Schilling ist als Kreisfachberater für Obstanbau nicht nur Experte, sondern auch täglich mit der Frage konfrontiert, wie sich die süßen Früchte auf den Bäumen entwickeln. Zurzeit tun sie das eben gar nicht: "Es ist, wie wenn Sie im Auto bei Tempo 100 die Handbremse ziehen." Im viel zu warmen März hatten sich die Blüten schon sehr gut entwickelt, "weiter als im letzten Jahr". Dann kam an Ostern der Schneefall mit anschließenden Minustemperaturen von "bis zu minus sechseinhalb Grad", so Schilling: Das war die Handbremse.

Seither "verhocken" die Blüten, wie Schilling es nennt. Anders ausgedrückt: "Der Übergang von der Blüte zur Fruchtentwicklung hakt jetzt." Zwar habe der Regen der letzten Tage gut getan. Doch jetzt wäre Wärme vonnöten, höhere Temperaturen, um die Entwicklung voranzubringen.

Rund 2000 Bauern sind im Landkreis Forchheim in den verschiedenen Obstbaugenossenschaften organisiert, so Schilling. Sie blicken mehr oder weniger bang auf die Wettervorhersagen. Schon jetzt wagt der Fachberater folgende Diagnose: "20 bis 30 Prozent der Bäume sind leicht bis mittelschwer geschädigt. Aber 70 bis 80 Prozent haben schwere bis sehr schwere Schäden."

Diese Aussage unterstützt Manuel Rauch allerdings in ihrer Rigorosität noch nicht. Der Geschäftsführer des Obstmarktes Pretzfeld warnt davor, "in die Glaskugel zu schauen". Er rät stattdessen dazu, "erst einmal abzuwarten, bis sich die Bäume mal geputzt haben, dann sieht man, was hängen bleibt".

Überall in Mitteleuropa zeigt sich dasselbe Bild: Der Frost schockte die viel zu weit entwickelten Blüten und nun ist mit großen Ausfällen zu rechnen. In Südtirol genauso wie in der Steiermark, in den Niederlanden, Belgien oder Polen. Kommen die Kirschen heuer also alle aus Spanien?

Nicht unbedingt. Im Landkreis Forchheim hängt der Grad des befürchteten Ernteausfalls auch von der Lage des Obstbaums ab. Die Täler sind schwerer betroffen als die Höhen, und in Hanglagen geht es den Früchten oben besser als denen unten.

Denn: "Der Frost will immer an den tiefsten Punkt." Daher sind die Lagen beispielsweise um Pretzfeld und Mittelehrenbach, die sich auf einer Höhe von etwa 300 Metern befinden, schwerer betroffen als die Lagen im Oberland mit seinen 450 bis 500 Höhenmetern, zum Beispiel in Hetzelsdorf und Hiltpoltstein. Die Blüten in den höheren Lagen waren einfach noch nicht so weit entwickelt, als der Frost die Bremse zog. Deswegen sind sie von den Minustemperaturen nicht so sehr geschockt worden. In zehn bis 14 Tagen, meint Schilling, könne man mehr sagen.

Das glaubt auch der Geschäftsführer des Obstgroßmarktes in Igensdorf, Herbert Hubmann. Er erwartet "in jedem Fall" heuer Kirschen, wenn auch eher mit einer "unterdurchschnittlichen Ernte" zu rechnen sei: Dagegen sei in den günstigeren Lagen, also weiter oben, der Behang noch in Ordnung, so weit das bisher zu erkennen ist. Jetzt warten also alle darauf, dass sich die Obstbäume putzen.

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