Klinikfusion: Landrat kämpft um die Wahrheit

30.11.2015, 18:05 Uhr
Die Klinik Fränkische Schweiz soll mit Forchheim verbunden werden.

© Roland-Gilbert Huber-Altjohann Die Klinik Fränkische Schweiz soll mit Forchheim verbunden werden.

Die Wut des Landrates entzündete sich an der Pressekonferenz des Forchheimer Klinikdirektors Ende letzter Woche. Darin hatte Reinhard Hautmann, auf das Thema Fusion angesprochen, erklärt, er kenne die finanzielle Situation Ebermannstadts nicht, aber: „Ich werde mich dagegen wehren, dass unser Haus die Schulden übernimmt.“ Hermann Ulm hält dies mindestens für unredlich.

Denn erstens: Hautmann sitze seit Jahren im Fusionsausschuss. Zweitens: Das Thema Schuldenübernahme ist laut Ulm „schon seit einem Jahr ausdiskutiert“. Aufgrund einer eigens dafür gefundenen Trägerkonstruktion müsste Forchheim gar keine Schulden übernehmen. Warum Hautmann trotzdem so redet, „dafür fehlt mir die Fantasie“.

Bisher, so Ulm, heiße es in der Arbeitsgruppe immer: „Schweigen und Diskretion.“ Aber: „Das gilt scheinbar nicht mehr.“ Ulm nannte mehrere Zeitpunkte, die in der Fusionsgruppe vereinbart waren, um an die Öffentlichkeit zu gehen. Jedesmal sei von Forchheimer Seite eine weitere Bedingung gestellt worden, den Gang an die Öffentlichkeit zu verschieben.

Klinikfusion: Landrat kämpft um die Wahrheit

© Foto: Pfrogner

Dabei sei man sich doch einig gewesen: „Die Fusion ist sowohl für Ebermannstadt als auch für Forchheim sinnvoll und notwendig. Beide Häuser sind langfristig zu klein und würden spätestens bis 2020 ins Defizit laufen. Hier wurden sämtliche Zahlen der beiden Häuser ausführlich aufgearbeitet und allen Beteiligten dargestellt.“ Und nun behaupte Forchheim, keinen Einblick in die Ebermannstädter Zahlen zu haben. Ulm: „Wie bitte?“ Dies sei „in der Sache unverständlich, aber doch symptomatisch für den Willen und Elan, an einer Fusion mitzuarbeiten.“

Genehmigung zieht sich

Die Genehmigung einer psychosomatischen Abteilung für Ebermannstadt durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) ziehe sich sehr lange hin und werde, auch fürs Ministerium unverständlich, vom MDK ständig hinausgezögert. Immerhin gebe es mündlich bereits „grünes Licht“. Und in dieser Situation spricht Forchheim davon, dass eine solche Abteilung „nicht der Weisheit letzter Schluss“ sei. Ulm schilderte den von allen vereinbarten Aktionsplan. Fazit: „Nur so kommen wir vorwärts. Nicht durch dauerndes Zögern, Zaudern und Taktieren. Ansonsten muss ich mich fragen, ob wir als Partner wirklich erwünscht und hier richtig sind.“

Schließlich knöpfte sich Ulm auch noch die „Mär von der „hochdefizitären Klinik Fränkische Schweiz“ vor: „Die Klinik steht momentan wirtschaftlich ordentlich da. Einzig Abschreibung, Zins und Tilgung des Hauses Feuerstein vermiesen jährlich die Bilanz. Aus heutiger Sicht war diese Investition ohne Zuschuss sicher ein Fehler.“

Forchheims Oberbürgermeister Franz Stumpf (CSU) hörte sich alles an und sagte kein einziges Wort. Auch nicht, als Wolfgang Fees (SPD) der Stadt vorwarf, nur „ihr Ding“ zu machen, wobei beide Kliniken verlieren müssten. Aber Stumpf klatschte Ulm auch keinen Beifall, wie die meisten anderen Kreisräte.

Und hier der Wortlaut der Stellungnahme von Landrat Hermann Ulm:


"Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
die Berichterstattung der letzten Tage in den Medien über unsere Klinik Fränkische Schweiz und den Fusionsprozess mit dem Klinikum Forchheim veranlassen mich, doch einige Dinge auch in öffentlicher Sitzung beim Namen zu nennen, die ich bisher so nicht gesagt hätte.

Warum ich das tue: weil ich Schaden von der Klinik abwenden will. Schaden von unserer Klinik Fränkische Schweiz und ihren Mitarbeitern, die großartige Arbeit zum Wohle der Bevölkerung des Landkreises leisten.

Schaden, der durch Halbwahrheiten und einseitige Meinungsbildung entsteht.

Ich möchte betonen: das ist explizit kein Vorwurf an die beteiligten Medien, sondern an diejenigen, die die Dinge bewusst oder unbewusst in die Welt setzen und andere Informationen unterbinden. Eigentlich bin ich dankbar, nun einen Anlass zu haben, offen Stellung nehmen zu können, ja zu müssen.

Bisher habe ich auf Stellungnahmen verzichtet und war sehr zurückhaltend mit öffentlichen Äußerungen, weil ebendies: Schweigen und Diskretion, die absolute Forderung des Verhandlungspartners und die interne Abstimmung im Fusionsausschuss  war. Ich denke an die letzten Haushaltsreden, wo ich – zurecht kritisch – auf den Stand der Dinge angesprochen wurde und mir auf die Lippen beißen musste.

Dies gilt jetzt scheinbar nicht mehr, wenn ich am Samstag lese, wie freimütig die Details der Antragstellung zur Psychosomatik und des zeitraubenden Hin und Her mit dem MDK öffentlich verbreitet werden. Und wie die Zahlen des Zuschusses für Zins und Tilgung für das Haus Feuerstein verbreitet werden – und dann auch noch unkorrekt.

Inhalte nichtöffentlicher Kreisausschusssitzungen bzw. der nichtöffentlichen Fusionsgespräche. Ich habe prinzipiell nichts gegen die Veröffentlichung. Aber dann sollten die Dinge erstens korrekt sein und zweitens von unserer Seite selbst kommen. Bisher hieß es immer: bloß nichts sagen, streng geheim.     


Vorgestern strahlte Radio Bamberg (28.11.15) aus: „Forchheim wirft Ebermannstadt Blockade und Unfähigkeit vor“, basierend auf der entsprechenden Berichterstattung einer unserer Tageszeitungen vom Vortag mit der Überschrift: Fusion: „Es geschieht nichts“

Sehr geehrte Damen und Herren, das Vorhaben einer Fusion zwischen unseren beiden Häusern im Landkreis Forchheim ist ja schon Thema seit etlichen Jahren. Ich selbst bin damit seit Mitte letzten Jahres befasst.

Basierend auf dem Beschluss des Kreistages, gemäß dem Gutachten des Büros Oberender die Fusion von Forchheim und Ebermannstadt voranzutreiben, sind mit den Gesprächen beauftragt:
 
OB Franz Stumpf
Direktor Reinhard Hautmann
Stadtrat Ulrich Schürr
Kreisrat Gerhard Schmitt
Geschäftsführer Möller-Ühlken
GB-Leiter Frithjof Dier
LR Hermann Ulm

Diese Arbeitsgruppe ist beauftragt, Eckpunkte eines wirtschaftlichen und medizinischen Konzepts abzustimmen, welche dann im Kreisausschuss und Stiftungsausschuss beschlossen werden können.

Die wesentlichen wirtschaftlich-rechtlichen Eckpunkte waren eigentlich schon im November 2014 im Konsens dokumentiert, unter anderem die Frage, was mit den vom Haus Feuerstein verbliebenen Schulden wird. Die Idee einer Trennung in Besitz-GmbH und gemeinsamer Betriebs-GmbH schaffte dieses Problem schnell vom Tisch. Der Landkreis behält sein Gebäude, inkl. der darauf lastenden Schulden, die wir ja jetzt schon nach und nach tilgen, und ebenso behält die Stadt bzw. die Stiftung ihr Gebäude.

Eigentlich ist das schon seit einem Jahr ausdiskutiert, weshalb mir die Fantasie fehlt, warum man nun öffentlich und wortstark formuliert: Zitat: „Es muss geklärt werden, wer die Schulden aus Ebermannstadt übernimmt. Aus meiner Sicht kann das nicht Forchheim sein – ich werde nein sagen.“ Oder: „Ich werde mich dagegen wehren, dass unser Haus die Schulden übernimmt.“

Die erarbeiteten wirtschaftlich-rechtlichen Eckpunkte sollten, so hatten wir im Herbst letzten Jahres vereinbart, in einer gemeinsamen öffentlichen Sitzung Ende Januar, spätestens im März, vorgestellt und beschlossen werden. Dann, als es soweit war, der neue Wunsch: bevor wir an die Öffentlichkeit gehen, brauchen wir eine wirtschaftliche Gesamtrechnung des neuen medizinischen Konzepts.
Diese wurde dann nach der gemeinsamen Beauftragung durch Stadt und Landkreis bis zum Sommer 2015 vom Büro Oberender durchgeführt. Also: die wirtschaftliche Kalkulation des Konzepts nach Oberender, sprich: Zentralisierung der Herzkatheter in Forchheim, aber bei Beibehaltung einer Inneren Medizin für die Notfallversorgung in Ebermannstadt plus Neueinrichtung einer psychosomatischen Abteilung in Ebermannstadt.

Ergebnis: die Fusion ist sowohl für Ebermannstadt als auch für Forchheim sinnvoll und notwendig. Beide Häuser sind langfristig zu klein und würden spätestens bis 2020 ins Defizit laufen. Hier wurden sämtliche Zahlen der beiden Häuser ausführlich aufgearbeitet und allen Beteiligten dargestellt.

Nun aber öffentliche Aussagen wie: man habe keinen Einblick in die finanzielle Situation in Ebermannstadt und auch keinen Auftrag, sich Gedanken über eine Fusion zu machen. Wie bitte?   

In der Sache unverständlich, aber doch symptomatisch für den Willen und Elan, an einer Fusion mitzuarbeiten.

In der Tat ärgerlich ist die Tatsache, dass die sehnlichst erwartete Genehmigung der Psychosomatik so lange dauert. Immer wieder gibt es seitens des MDK etwas zu bemängeln – und jede Runde der Überarbeitung, Wiedereinreichung und erneuten Prüfung frisst wieder ein halbes Jahr. Nun schon zum vierten Mal. Die zugesagten Termine werden verschoben und wieder verschoben. Die Begründungen bzw. Aufträge zur Überarbeitung oft schwer nachvollziehbar – der Antrag wird von einem überaus renommierten bayerischen Psychosomatiker ausgearbeitet, früher selbst tätig beim MDK. Selbst die Beteiligten am Ministerium wundern sich nur.

Zuletzt am 16.11.15 sollte die Genehmigung auf dem Tisch liegen. Wenige Tage vorher: E-Mail von der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen: der Termin kann nicht gehalten werden. Der MDK braucht bis Anfang Dezember. Aber: mündlich grünes Licht, das Ministerium sei auch schon informiert. Erneut Hoffen, Warten.      

Liebe Kolleginnen und Kollegen: Zitate wie „Es geschieht nichts“ sind weder wahr noch fair noch hilfreich ist unserer Situation. Ebenso wie die Tatsache, dass man jetzt, sauber terminiert auf der Zielgeraden in Sachen Psychosomatik, erneut zurückrudert und alles wieder von Grund auf in Frage stellt, auch die endlich greifbare Psychosomatik.

Wir müssen jetzt endlich den Weg gehen, den wir schon lange beschlossen haben.

Folgendes ist geplant und in der Arbeitsgruppe beschlossen: Nach Erreichen der Zusage zur Einrichtung der Psychosomatik die gemeinsame öffentliche Sitzung:
Vorstellen des wirtschaftlich durchgerechneten medizinischen Konzepts
Vorstellen der seit langem erarbeiteten rechtlichen Eckpunkte
Beauftragung des Büros Oberender für einen Fusionsablaufplan und
In einer weiteren Sitzung Beschluss des Fusionsablaufplanes sowie
Beauftragung einer für die Durchführung verantwortlichen Person

So, und nur so kommen wir vorwärts. Nicht durch dauerndes Zögern, Zaudern und Taktieren. Ansonsten muss ich mich fragen, ob wir als Partner wirklich erwünscht und hier richtig sind.  

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen:
Abschließend will ich noch mit etwas aufräumen: mit der zuletzt immer wieder öffentlich gepflegten Mär von der „hochdefizitären Klinik Fränkische Schweiz“.

Hochdefizitär ist in meinen Begriffen etwas anderes. Die Hälfte der bayerischen Kliniken läuft mit roten Zahlen. Ich habe Landratskollegen, die von jährlichen Defizitausgleichen im höheren einstelligen oder sogar zweistelligen Millionenbereich berichten.

Schauen wir nach Ebermannstadt. Die Klinik steht momentan wirtschaftlich ordentlich da. Einzig Abschreibung, Zins und Tilgung des Hauses Feuerstein vermiesen jährlich die Bilanz. Aus heutiger Sicht war diese Investition ohne Zuschuss sicher ein Fehler. Damals, vor 8 Jahren, war die Perspektive vielleicht anders.

Dass diese Investition abfinanziert werden muss, ist klar. Dafür kann aber weder das Personal noch die Klinik in ihrer heutigen Situation etwas. Die Mitarbeiter leisten hervorragende Arbeit – so gut, dass wir mittlerweile im operativen Geschäft kein Defizit haben, sondern eine gesunde schwarze Null. In 2014 musste daher auch nur ein Teil der vom Kreis zugesagten Zins- und Tilgungsrate überwiesen werden.

Unsere Klinik Fränkische Schweiz ist also bei weitem nicht in der Situation, als Bittsteller auftreten zu müssen. Mein Appell an alle: reden wir unser Haus nicht künstlich schlecht, sondern sehen wir es als das, was es ist. Eine Klinik, die hervorragende Arbeit für die Menschen leistet, mit Mitarbeitern, die alles geben, damit ihr Krankenhaus auch künftig auf soliden Beinen steht.

Danke!
 
Und nun treten wir in die Tagesordnung ein."

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