Kolpingshaus: Forchheims OB fühlt sich missverstanden

22.3.2018, 15:00 Uhr
Das Kolpingshaus.

© Roland Huber Das Kolpingshaus.

Am Dienstag kündigte Kirschstein an, fürs Kolpingshaus einen Erbpachtvertrag auf 99 Jahre abschließen zu wollen. Die Stadt bekäme so das alleinige Verfügungsrecht über das denkmalgeschützte Gebäude. Der Vertragsentwurf liegt seit Januar vor: „Über den müssen wir noch sprechen“, sagt der OB. Herbert Wolfrum wartet sehnsüchtig auf Vertrag und Gespräch. Der Vorsitzende des Kolpingshaus-Bauvereins würde lieber heute als morgen über den Vertrag sprechen. Ihn habe es „gewundert“, sagt Wolfrum, „dass der OB jetzt in die Offensive geht“, ohne schon den Vertrag abgeschlossen zu haben.

Annette Prechtel (FGL) sieht in der Aussage des OB, wonach für Umbau und Barrierefreiheit im Kolpingshaus kein Geld vorhanden sei, eine „reflexartige Watsch’n, eine Woche nachdem die Kulturschaffenden so etwas Beeindruckendes wie den KulturPuls auf die Beine gestellt haben“.

Mehrheitlich dagegen

Prechtel ist genauso „verärgert“ wie ihr Fraktionssprecherkollege Udo Schönfelder (CSU). Der reagiert mit einem eigenen Antrag an den OB. Der Antrag zieht bereits Lehren aus dem KulturPuls: Auf einen Anbau ans Kolpingshaus könne verzichtet, die Zahl der Sitzplätze auf 500 begrenzt werden (bisher: 800); im Großen Saal soll eine Galerie eingerichtet werden, ähnlich der Comödie in Fürth; das ganze Haus müsse modernisiert, die Barrierefreiheit garantiert werden. In die Planung müssten die Kulturschaffenden einbezogen werden. Schönfelder: „Der Stadtrat hat mehrheitlich eine andere Sicht als der OB.“ Deswegen strebt Schönfelder an, „dass der Stadtrat noch in dieser Periode bis 2020 gewisse Meilensteine“ schafft: Entscheidungen, hinter die niemand mehr zurück kann. Als Oberzentrum, sagt Schönfelder, „braucht Forchheim für die Kultur gewisse Kapazitäten“. Das ist natürlich eine Formel, auf die sich jede(r) einigen kann.

Und das Thema Geld? „Wo ein politischer Wille ist, da findet sich auch ein finanzieller Weg“, sagt Annette Prechtel (FGL). Der OB jedenfalls fühlt sich missverstanden. Zum einen lobt er den KulturPuls: Was dort auf die Beine gestellt wurde, „bewerte ich positiv und unterstütze ich aktiv“. Das Kolpingshaus, das habe man gesehen, sei „eine gute Adresse, ich sehe dort sehr wohl Kultur“ als Nutzung. Aber: „Kurzfristig haben wir für die kulturelle Nutzung nicht so viele finanzielle Mittel“, um damit einen Umbau oder auch nur die Barrierefreiheit bezahlen zu können.

Dabei denkt Kirschstein an die Jahre bis etwa 2022, wenn der große Brocken Generalsanierung Rathaus bewältigt ist. Daneben gebe es Schulen zu sanieren und Kindergärten zu bauen: „Ich möchte die Erwartungen etwas lenken.“ Der KulturPuls habe gezeigt, dass auch unter den Bedingungen des Status Quo kulturelle Veranstaltungen im Kolpingshaus „möglich“ sind. Wie sich die Situation nach 2022 darstellt, sei eine andere Frage. Ein Umbau könne dann immer noch angegangen werden. Ob allerdings die vom CSU-Sprecher postulierte Stadtratsmehrheit so lange warten will?

Es ist sowieso ein eigenartiges Schauspiel, wie sich die Fronten im Stadtrat verschoben haben. Unter Alt-OB Franz Stumpf waren das Junge Theater (JTF) und seine Protagonisten regelrecht Feinde: „Die wählen mich doch sowieso nicht“, sagte Stumpf, wenn er im Kulturkeller ein Grußwort sprechen sollte. Die „bürgerliche Mehrheit“ wehrte sich vehement dagegen, das JTF fördertechnisch anders zu betrachten als einen Sportverein. Klar: Die Schnittmenge von Roten und Grünen mit dem JTF ist ja auch seit jeher groß.

Schnittmenge mit Schwarzen

Andererseits legte die „bürgerliche Mehrheit“ immer großen Wert auf die Unterstützung des Kolpingshausvereins. Vielleicht weil dort die Schnittmenge mit den Schwarzen besonders hoch ist? Jedenfalls brachte es Uwe Kirschstein als Roter mit seinem Vorgehen in Sachen Rathaussanierung, Kulturpolitik und Kolpingshaus fertig, Grüne, Gelbe, Freie und Schwarze zu einer neuen Allianz zu schmieden. Hier hat sich zwischenzeitlich ein wahres Gebirge an gegenseitigem Misstrauen aufgebaut, das nicht leicht zu durchbrechen ist.

So wurde das scheinbar Unmögliche wahr. Gemeinsam wurde einerseits dem Jungen Theater (neuerdings „best friends“ mit der CSU, nicht zuletzt wegen der nach allen Seiten offenen Integrationsfähigkeiten des neuen Co-Vorsitzenden Ulli Raab) eine dauerhafte Förderung zugestanden (mit freundlicher Unterstützung der SPD). Andererseits legt die neue Mehrheit dem OB nun in punkto Kolpingshaus Daumenschrauben an: Entscheidungen noch bis 2020!

Alle wollen dasselbe, nur nicht zur selben Zeit. Aber im Zeitalter der Kommunikationstechnik ist eben manchmal nichts schwieriger als die Verständigung.

 

Keine Kommentare