Kulturpreisträger Forchheim: Auf den Podien der Welt gespielt

13.12.2018, 10:56 Uhr
Kulturpreisträger Forchheim: Auf den Podien der Welt gespielt

© Foto: Udo Güldner

Von ihrer Flucht aus der Tschechoslowakei Anfang der 80er Jahre spricht Milada Weber (68) aus Podborany ungern. Es waren politische Gründe, sie wollte sich nicht der kommunistischen Partei unterwerfen, die sie erst aus dem Staatsdienst und danach aus der Heimat jagten. In Wimmelbach fand die Diplom-Pädagogin für Kunst und Malerei Zuflucht und ein neues Betätigungsfeld.

Einerseits malte Milada Weber so erfolgreich, dass ihre Werke inzwischen auf drei Kontinenten zu finden sind, andererseits brachte die Künstlerin anderen mit viel Herzblut die ersten Pinselstriche bei. "Bis zu 70 Schüler hatte ich gleichzeitig. Insgesamt geht ihre Zahl in die Tausende." Die Erwachsenen lernten von ihr in der Volkshochschule, die Kleinen im ersten "Kinder-Kunst-Atelier", das erst vor wenigen Monaten nach 35 Jahren seine Pforten geschlossen hat.

Für sie ist jeder ein Künstler

Um die Künstler, die sonst ganz alleine vor ihrer Staffelei stehen, aus ihrer Einsamkeit herauszuholen und das Verständnis für ihre Arbeiten zu fördern, erfand Milada Weber mit ihrer Kollegin Renate Fukerider, die seinerzeit in Reifenberg residierte, das "Offene Atelier". Ein genialer Einfall, der jedes Jahr tausende Kunstfreunde in den Landkreis lockt und Bildhauern, Malern und Fotografen Aufmerksamkeit verschafft.

Kaum hat David Saam (41) ein Publikum vor sich, hat er auch schon das Instrument in der Hand. Diesmal ist es eine "ungestimmte Ukulele", mit der er "bridschäbraad" durch die Musikgeschichte tanzt. Eine Art Wirtshaussingen, nur ohne Bier in der Hand.

Der Klang scheint Saam, der in Forchheim geboren wurde, in Heroldsbach aufwuchs und seit siebzehn Jahren in Bamberg lebt, tief in die Gene eingebrannt zu sein. Schon sein Großvater Nikolaus war ein begnadeter Musiker, und sein Vater Franz-Josef hat für seine zahlreichen Aktivitäten den Landkreis-Kulturpreis schon 2001 erhalten.

Seine Ausbildung bekam David Saam in der städtischen Musikschule Forchheim, am Herder-Gymnasium, sowie durch ein Studium der Ethnomusikologie in der Domstadt. Bei einem einjährigen Aufenthalt in Helsinki und über der Begeisterung für die finnische Folkszene besann sich David Saam seiner fränkischen Wurzeln und weckte Interesse für ein gewisses Gerchla . . .

"Der fränkische Dialekt und das Akkordeon sind dabei Ihre Markenzeichen," so Landrat Hermann Ulm. Wie vielseitig Saam unterwegs ist, zeigt er in Bands wie "Boxgalopp", "Kellerkommando", "Kapelle Rohrfrei" und in der satirischen Formation "Rakete Bangkok". Wer ihn hören will, kann aber auch Radio Bayern 1 aufdrehen, wenn er sein mundartiges Betthupferla spricht, und man kann sich beim alternativen Volxmusik-Festival "Anti-Stadl" in Bamberg live von der subversiven Kraft des Crossover überzeugen.

Chorleben neu entfacht

Der älteste Preisträger ist ganze 140 Jahre jung. Ein Männergesangverein, der ausnahmsweise einmal keine Nachwuchssorgen kennt. Zumindest nicht in den letzten neun Jahren, in denen Stephan Buchner in der "Eintracht Thurn 1878" den Ton angibt.

An der Seite des aus Leningrad stammenden Chorleiters Alexander Ezhelev gelingt es dem Laienensemble seit zwei Jahrzehnten "Bewährtes zu pflegen und Neues zu wagen". In einer Sängerhochburg wie Heroldsbach mit acht konkurrierenden Chören ist das gar nicht so einfach.

Einer davon ist das vereinseigene Vokalensemble, das moderne, anspruchsvolle Lieder einstudiert. Die über 30 Männerstimmen der Eintracht Thurn brauchen 35 Proben im Jahr und geben 20 Auftritte. Von einer "fulminanten Aufwärtsentwicklung des chorischen Lebens seit acht Jahren" schwärmte Landrat Ulm. Der Chor kam ob seiner Qualität bei Wettbewerben des Fränkischen Sängerbundes als Leistungschor rasch zu Ansehen. Bundeschorleiter Gerald Fink kommentiert das so: Die Eintracht Thurn spiele nicht nur im örtlichen Kulturleben, sondern auch im Sängerkreis Erlangen-Forchheim eine zentrale Rolle.

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