Messerstecher muss sechs Jahre hinter Gitter

23.4.2015, 18:41 Uhr

Die Strafe geht noch über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus. Ankläger Markus Reznik hatte fünf Jahre und acht Monate beantragt: „Der Angeklagte hat dem Lebensgefährten seiner Schwester das Messer mit voller Wucht in die Brust gerammt und dessen Tod zumindest billigend in Kauf genommen.“

Im September 2014 hatte der 31-Jährige dem Schwager in spe auf der Terrasse der Wohnung des Opfers im Streit das Küchenmesser in den Bauch gestochen (wir berichteten). Vorher hatte er mit dem Messer Amphetamin kleingehackt und es geschnupft. Mit dem Stich durchtrennte er dem Bekannten den Dickdarm, verletzte seine Milz und zerschnitt Verbindungen zwischen Milz und Magen. Außerdem stellten die Ärzte fest, dass eine Rippe des 44-Jährigen angebrochen war, was ebenfalls für die Wucht des Stichs spricht.

Dass der Angeklagte bei der Tat massiv unter Alkohol- und Drogeneinfluss stand, sieht der Staatsanwalt nicht als Grund für eine mildere Strafe: „Er wusste, dass er aggressiv wird, wenn er Rauschmittel konsumiert.“ Rechtsanwalt Harald Lierheimer, der den Nebenkläger vertritt, ergänzt: „Es gibt von ihm bis jetzt kein Wort der Reue oder Schuldeinsicht. Das ist in diesem Fall besonders unschön, weil sich die Beiden ja kannten und vorher ein gutes Verhältnis hatten.“

Doch in jedem Strafprozess hat der Angeklagte das letzte Wort, bevor die Strafkammer sich zur Urteilsberatung zurückzieht. Der 31-Jährige sagt leise: „Ich möchte mich aufrecht bei S. entschuldigen. Es war nicht in Ordnung, was passiert ist.“

Diese Reue kommt zu spät, um die fünf Richter zu überzeugen: „Der richtige Zeitpunkt für eine Entschuldigung wäre der Anfang der Verhandlung“, sagt der Vorsitzende Richter Manfred Schmidt bei der Urteilsverkündung. „So wirkt es, als ob das nur taktisch wäre.“

Verteidiger Patrick Schmidt hatte beantragt, seinen Mandanten nur wegen gefährlicher Körperverletzung zu vier Jahren Haft zu verurteilen. Der Grund: Er habe den Freund der Schwester nicht umbringen wollen. Das sahen die Richter anders: „Jeder weiß, dass es tödlich sein kann, wenn man jemandem ein Messer in die Brust haut“, so Manfred Schmidt. Allerdings sei der Angeklagte wegen des starken Rauschmitteleinflusses vermindert schuldfähig gewesen.

Einen Teil seiner sechsjährigen Freiheitsstrafe wird der Verurteilte in einer Entziehungsanstalt verbringen. Ein psychiatrischer Gutachter hat ihm eine starke Neigung zu Alkohol und Rauschgift bescheinigt.

Nach eigenen Angaben begann die Drogenkarriere des Forchheimers schon in der sechsten Klasse mit Haschisch und Alkohol. Vor ein paar Monaten griff ihn die Polizei nachts auf, nachdem er gegen geparkte Autos getreten und diese angeschrien hatte. Vorher hatte er Crystal Meth genommen. Der jetzt gerichtlich angeordnete Entzug wird die erste Drogentherapie im Leben des 31-Jährigen sein.

Neben versuchtem Totschlag verurteilte das Gericht den Angeklagten auch wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und Waffen. Nach der Tat durchsuchten Polizisten seine Wohnung und fanden ein Würgeholz.

Offen blieb das Tatmotiv. Der Angeklagte selbst hatte behauptet, der Streit sei eskaliert, als er den Freund der Schwester mit zwei Vorwürfen konfrontiert habe: Erstens, dass dieser ein heimliches Verhältnis mit seiner Lebensgefährtin habe, zweitens, dass dieser Drogen in seiner Wohnung versteckt habe. Der Nebenkläger bestritt das vor Gericht: In Wirklichkeit habe der Bruder seiner Freundin nur krampfhaft Streit gesucht.

Für das Gericht ist es egal, wer die Wahrheit sagt, macht der Richter deutlich: „Gerüchte, wie sie der Angeklagte vorgetragen hat, können eine solche Tat nicht rechtfertigen.“

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