Minustemperaturen sorgen für wohlige Wärme

24.1.2009, 00:00 Uhr
Minustemperaturen sorgen für wohlige Wärme

© Meyer

Wie lebt es sich in einem Haus ohne Heizung, wenn draußen das Thermometer wochenlang weit unter Null Grad zeigt? «Schön kuschelig, aber kommen Sie und überzeugen Sie sich selbst», antwortet Jürgen Sitzmann auf die telefonische Anfrage.

Das Haus mitten in Schellenberg, einem Ortsteil von Kleinsendelbach, fällt schon wegen seines sechseckigen Grundrisses auf. Fränkischer Baustil sieht anders aus. «Das Sechseck hat unser Architekt empfohlen, weil man dadurch weniger Außenfläche im Verhältnis zur Wohnfläche hat», sagt Sitzmann. Und erklärt damit gleich das Prinzip des Passivhauses: Wärme, die im Haus ist, mit allen Mitteln halten.

Das Gebäude ist sozusagen luftdicht verpackt. Die Eingangstür ist fast 20 Zentimeter dick. Dahinter der kalte Flur, von dem aus es in das Herz des Hauses geht: Dem Wärmetauscher und dem Wasserspeicher, der durch die sechs Quadratmeter große Solaranlage auf dem Dach beheizt wird.

Luft durch die Erde

Das Prinzip des Passivhauses: Verbrauchte Luft wird abgesaugt, die dabei mit abgesaugte Wärme wird der Frischluft zugeführt, die wiederum in die Räume geblasen wird. Die dazu benötigte frische Luft wird, wenn sie zu kalt ist, vorher durch Rohre in der Erde gejagt. Sie erwärmt sich dabei auf derzeit rund zwei bis drei Grad. Mit der Wärme aus der Abluft erreicht sie dann bereits 16 Grad. «Unser kältester Raum ist das Schlafzimmer mit konstant 17 Grad», so Sitzmann.

Martin Hundhausen, Vorsitzender des Vereins Sonnenenergie Erlangen, und seit 1999 Besitzer eines Passivhauses in Büchenbach, behauptet sogar, «je kälter es im Winter ist, desto weniger Energieverbrauch haben wir in unserem Haus». Der Grund: Große winterliche Kälte geht immer mit Sonnenschein einher. Und der heizt nicht nur das Haus auf, er sorgt auch über die Solaranlage für bis zu 70 Grad heißes Wasser.

Fast schon zu warm

Die Wohnräume der Sitzmanns im oberen Stockwerk sind ebenfalls durch dicke Türen abgeschottet. Im großen Wohnbereich steht ein Thermometer: Es zeigt 24,3 Grad Celsius. Bis zu 25 Grad werden es bei Sonnenschein. Eigentlich schon zu warm.

«Wir haben gerade ferngesehen, da mögen wir es immer kuschelig», entschuldigt sich der Hausherr. Und gibt zu, dass er, wenn die Sonne mal nicht scheint, noch eine Elektroheizung zuschalten kann. 60 bis 70 Euro Stromkosten zahlt die dreiköpfige Familie im Monat. Inklusive aller Elektrogeräte.

Dass die dreiköpfige Familie im Winter kein Fenster aufmachen soll, stört sie nicht. «Durch den permanenten Austausch ist die Luft hier nie abgestanden», findet Helga Sitzmann. Den einzigen Nachteil, den sie bei längerem Nachdenken findet: «Im Winter ist die Luft ein bisschen trocken.»

Zwei Jahre vorgeplant

2001 haben sich die Sitzmanns ihr Passivhaus mit rund 140 Quadratmeter Wohnfläche vom Architekturbüro Trykowski planen lassen. Zwei Jahre dauerte allerdings vorher die Entscheidungsfindung. Erst als Helga Sitzmann ihren Mann zu einem Vortrag und Workshop über Passivhäuser schickt, sind beide überzeugt. «Die Technik ist einfach, vieles kann man als geschickter Handwerker selbst machen», so der gelernte Elektriker.

Dadurch sei das Haus auch kaum teurer geworden. Nur: Seit 2001 spart die Familie einige tausend Euro an Energiekosten. Jährlich. Und jedes Jahr werden es mehr.

Informationen zu Passivhäusern beim Architekturbüro Trykowski, Telefon (0 95 02) 80 80, oder dem Verein www.sonnenenergie-erlangen.de