Mit Einzelstunden zur vollendeten Reitkunst

22.1.2015, 09:08 Uhr
Mit Einzelstunden zur vollendeten Reitkunst

© Foto: Roland Huber

Vom ersten Blickkontakt bis zum sanften Streichen des Halses ist es die Ruhe, die der fremde Mann ausstrahlt, die dem misstrauischen Tier die Angst nimmt. Mit seinen ungewöhnlichen Fähigkeiten bringt Robert Redford in seiner bekannten Rolle als „Pferdeflüsterer“ ein junges Mädchen und ihr Pferd nach einem traumatischen Unfall wieder zusammen.

Die anrührende Handlung des Hollywood-Films findet Annette Feldmer „etwas zu kitschig“, treffe im Kern jedoch, wobei es beim Reiten gehen sollte. „Um Vertrauen“, sagt Feldmer, und zwar nicht in die Wunderkräfte eines Pferdeflüsterers, sondern Vertrauen zwischen Mensch und Tier, das in einem Prozess erarbeitet werden müsse. Freilich auch weniger durch Flüstern des Reiters, denn durch Einfühlungsvermögen.

Weiterbildung nötig

Das Verhältnis zwischen Pferd und Reiter, glaubt die 50-Jährige, die mit ihrem Mann das Gestüt Wiesentmühle in Kirchehrenbach betreibt, sei oftmals gestört: „Die Zucht in Deutschland ist hervorragend, leider aber sind immer weniger Besitzer oder Anfänger bereit, sich intensiver mit dem Thema Reiten zu beschäftigen und auch weiterzubilden. Sie sehen ihr Pferd als Freizeitgerät und spüren nicht, wenn sie es falsch benutzen und ihm dadurch Schmerzen zufügen.“

Seit ihrem 14. Lebensjahr reitet Annette Feldmer und kennt sich als frühere Springreiterin auch im Turniersport aus. Ihr Eindruck: Auch dort steht der Einklang zwischen Mensch und Tier nicht an erster Stelle. „Die vollendete Reitkunst besteht darin, dass auch das Tier Spaß an der gemeinsamen Bewegung hat. Die Pferde sollen möglichst alt werden.“

Mit ihrer Philosophie liegen die Feldmers auf einer Wellenlänge mit einem Mann, der sich der Wiege der traditionellen spanischen Reiterei („Doma Vaquera“) verschrieben hat und nun zum zweiten Mal zu Gast am Walberla war. An sechs Tagen bekamen acht Teilnehmer, darunter die Feldmers, je eine Einzelstunde bei Manolo Oliva. „Jedes Pferd hat seine guten Seiten. Sie gilt es, durch gefühlvolle und präzise Arbeit hervorzulocken“, lautet sein Credo.

„Er bringt eine unendliche Geduld mit Pferd und Reiter auf und hat mit einem Blick sofort ein Gespür, wo die Defizite im Bewegungsablauf liegen“, schwärmt Anette Feldmer. Die Warteliste für die Kurse in Spanien und Deutschland ist lang, Oliva über seine andalusische Heimat hinaus bekannt. Und der in englischer Sprache geführte Unterricht hat seinen Preis. Die Teilnehmer kommen für Reise und Unterkunft ihres Trainers auf, der einen vierstelligen Gesamtbetrag erhält. „Ich sehe es nicht so, dass Reiten etwas für Reiche ist. Es kommt auf die Prioritäten an, andere fahren eben teure Autos“, sagt Annette Feldmer. Sie freut sich auf weitere Lektionen auf dem Weg zur vollendeten Reitkunst. Im Oktober kommt Oliva, für sie der Pferde- und Reiterflüsterer, wieder zu Besuch.

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