Mit flinker Nadel zur eigenen Tracht

22.5.2016, 10:00 Uhr
Mit flinker Nadel zur eigenen Tracht

© Foto: Sylvia Hubele

Bis alles so sitzt, wie es soll und sich den persönlichen Formen der Trägerin perfekt anpasst, waren gut 50 Stunden konzentrierter Arbeit in der Kulturwerkstatt Morschreuth nötig. Jede Tracht ist ein Unikat, einzeln zugeschnitten und genau nach den Maßen der jeweiligen Trägerin geschneidert. Immer wieder überprüfte Schneidermeisterin Marianne Bogner den Sitz des Mieders und steckte die Nadeln mit den Worten: „Das ist immer noch zu weit“ noch etwas enger.

Die Rocklänge wurde mit Kreide angezeichnet, damit später der Rock nicht zipfelt, sondern gleichmäßig fällt. Während bei einem fertig konfektionierten Rock die gesamte Länge einheitlich ist, ist das bei einem maßgeschneiderten Rock nur selten der Fall. Schließlich trägt jede Frau ihre ganz persönlichen Rundungen, an die sich die Rockbahnen schmiegen, so dass der Rocksaum hier ein wenig höher und dort ein wenig tiefer hängt.

Während an den ersten beiden Wochenenden des Trachtennähkurses noch emsige Stille herrschte, wurde es am dritten Wochenende deutlich hektischer: Die Schneidermeisterin eilte von einer Näherin zur nächsten, achtete darauf, dass diejenigen, die nicht so schnell arbeiteten, den Anschluss nicht verpassten. „Die Tracht ist schon schön, besonders wenn ich sie selbst nähen kann“, konstatiert Kerstin Göthert aus Kunreuth.

Jede Frau saß an ihrem Tisch und arbeitete konzentriert. Nicht jede von ihnen ist gebürtige Fränkin, doch mit den Trachten können sie sich gut identifizieren, wie Karin Först aus Altendorf bestätigt: „Ich habe Franken als meine neue Heimat gewählt“. Leni Grellner aus Püttlach nähte ihre Trachten nicht für sich selbst, sondern für die Schwiegertochter und eine Enkelin. Sie hat sogar schon für ihre Mutter und ihre Schwiegermutter Trachten genäht, selbstverständlich besitzt sie auch eine eigene. Das Nähen hat sie einst bei den Nürnberger Klosterschwestern gelernt, doch jahrelang blieb keine Zeit dazu.

Für Anita Klier-Träger aus Baiersdorf waren Trachten zunächst nur etwas für alte Leute. Doch als sie zu Weihnachten den Trachtennähkurs vom Sohn geschenkt bekam, ist sie auf den Geschmack gekommen. Ihre Tracht ist aus grünem Stoff mit lila Borten. Marianne Bogner beriet die Frauen bei der Auswahl der Trachtenstoffe, die es in Ebermannstadt, Kunreuth oder anderswo zu kaufen gibt. Lucia Seifert hat zwar schon immer Dirndl getragen, doch jetzt näht die Wellerstädterin an ihrer ersten fränkischen Tracht.

„Marianne hat mir Mut gemacht“, sagt Marlene Kraft aus Gößweinstein lachend: Sie habe ihr gesagt: „Wenn du eine Nähmaschine bedienen kannst, dann passt das“. Von ihrer Oma besitzt sie noch die alten Schürzen, doch: „die hat immer schwarz getragen“.

Über die VHS

Kerstin Göthert aus Kunreuth war schon als Kind Mitglied im Trachtenverein. Seit sie wieder in Franken wohnt, gehört auch die Tracht zu ihrem Leben. Sie las im Kursheft der Volkshochschule Forchheim von dem Kurs, der in Kooperation mit der Kulturwerkstatt Morschreuth stattfindet.

Miriam Hubele aus Heroldsbach ist mit ihren 16 Jahren die jüngste Näherin. Sie näht sich eine Tracht, die sich deutlich von den anderen unterscheidet: Ganz in Schwarz, mit feinen roten Biesen und einer roten Schürze. Da diese Tracht zu weit von der erneuerten fränkischen Tracht abweicht, bekommt Miriam zwar kein Label zum Einnähen, aber das ist ihr auch nicht wichtig. Wenn sie mit dem Abi fertig ist, will sie nähen lernen – und zwar richtig.

Schlussendlich trafen sich alle Trachtenträgerinnen mit den fertiggestellten Trachten im Morschreuther Gasthaus und feierten gemeinsam. Sie hatten ja auch allen Grund dazu.

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