Mobilität der Zukunft: Verkehrsplanung in Forchheim

11.12.2018, 06:00 Uhr
Mobilität der Zukunft: Verkehrsplanung in Forchheim

© Roland Huber

)Herr Sperr, lassen Sie uns ein wenig zurückblicken: Wie hat sich denn der Verkehr, besonders in den Innenstädten, in den vergangenen 50 Jahren entwickelt?

Claus Sperr: In den 1960er Jahren, das war die Zeit des Wirtschaftswunders, als sich immer mehr Leute ein Auto leisten konnten, da waren viele Planungen auf eine autogerechte Stadt ausgerichtet. In den 70er Jahren mündeten Diskussionen über die Neuverteilung der Verkehrsflächen in die Anlage von Fußgängerzonen. Das war in Forchheim nicht anders. In den 80ern begann man mit der Verkehrsberuhigung der Innenstädte, damals entstanden auch die ersten Tempo-30-Zonen, in den 90ern begann man mit der Diskussion über Verkehrsvermeidung, in den 2000ern war auch die Straßenraumgestaltung auf Hauptverkehrsstraßen ein Thema.

 

Das heißt, die Verkehrswende ist in vollem Gange?

Claus Sperr: Die Entwicklungen deuten langsam darauf hin. So verbinden etwa junge Leute Mobilität nicht mehr unbedingt mit einem Auto; der demografische Wandel mit einem großen Anteil älterer Menschen wird auch seinen Beitrag leisten; viele Alternativen mobil zu sein gibt es bereits heute – von Car-Sharing-Angeboten bis zu verschiedenen Apps, die einen zum Ziel führen. Auch die Dynamik der Suburbanisierung hat abgenommen: Die Menschen möchten wieder eher in den Städten wohnen – das hat Auswirkungen auf das Mobilitätsverhalten. Die Geschwindigkeit der Verkehrswende ist noch sehr verhalten. Klar ist, dass sie kommen muss und kommen wird, wegen der Endlichkeit der fossilen Energieträger und der Immissionen; die Klimaschutzziele sind einzuhalten.

Mobilität der Zukunft: Verkehrsplanung in Forchheim

Verkehrsentwicklung in den Städten ist aktiv steuerbar und keine Naturgewalt. Auch Forchheim sollte seine Verkehrspolitik nicht nur von Beschlüssen der EU oder von Gerichtsurteilen (etwa zu Fahrverboten) abhängig machen. Aber es gehört eben auch ein gewisser Mut des Stadtrates dazu, Veränderungen einzuläuten. Diese sollten aber nicht zu Lasten der Mobilität insgesamt gehen, sondern zugunsten eines Verkehrsverhaltens, das Belastungen für Mensch und Umwelt soweit möglich reduziert. Die E-Mobilität wird große Veränderungen herbeiführen, wird aber keine Lösung hinsichtlich Flächenverbrauch, Trennwirkung oder Verkehrssicherheit sein. Verkehrspolitik ist auch Gesundheits-, Umwelt-, Sozial- und Stadtentwicklungspolitik.

 

In das Verkehrskonzept sollen ja die erklärten Ziele des ISEK mit eingearbeitet werden. Was heißt das konkret?

Claus Sperr: Das ISEK Forchheim benennt zum Verkehr die Ziele Vermeidung des motorisierten Individualverkehrs in der Innenstadt bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Erreichbarkeit für alle Verkehrsarten, die Verbesserung der Aufenthaltsqualitäten in der Innenstadt und die Attraktivierung der Einkaufslagen. Das angestrebte Verkehrskonzept für die Stadt Forchheim soll nach Möglichkeiten Ausschau halten, wie motorisierter Verkehr insgesamt reduziert werden kann, wie Fahrten auf andere Verkehrsmittel des Umweltverbunds (Fuß, Rad, öffentlicher Verkehr) verlagert werden können und wie der verbleibende motorisierte Verkehr verträglich gestaltet werden kann.

 

Das Verkehrskonzept soll sich ja wie ein Mosaik aus zehn verschiedenen Bausteinen zusammensetzen. Welche sind das?

Claus Sperr: Das Verkehrskonzept sollte nach Meinung des Planungs- und Umweltausschusses und auch unserer Meinung nach ein integriertes Konzept sein; d. h. neben dem Verkehrsthema soll die Bearbeitung auch andere Belange mit berücksichtigen; es sollte kein rein technisches Werk werden, sondern auch Zusammenhänge in Forchheim erkennen.

Grundsätzlich soll das Verkehrskonzept alle Verkehrsarten mit berücksichtigen; zuerst bei der Bestandsaufnahme, dann bei den Maßnahmenvorschlägen: fließender und ruhender motorisierter Individualverkehr, öffentlicher Personennahverkehr, Radverkehr, Fußverkehr. Wichtig werden auch Umsteigepunkte sein, wo von einem Verkehrsmittel auf ein anderes gewechselt werden kann; eine zukunftsfähige Mobilität sollte immer mehrere Möglichkeiten anbieten, einfach von A nach B zu gelangen.

Der Planungs- und Umweltausschuss ist mehrheitlich der Meinung, dass das Verkehrskonzept aus einer gesamtstädtischen Sicht heraus erarbeitet werden soll und ansatzweise auch Vorschläge für die Gesamtstadt machen soll; der Schwerpunkt soll aber auf der Innenstadt liegen.

Auch die anstehende Umgestaltung des Paradeplatzes muss ebenso mit einfließen wie alle anderen Planungsvorhaben in Forchheim. Als Grundlage für die Diskussionen um Ziele und Maßnahmenvorschläge bezüglich Verkehr wird die fundierte Bestandsaufnahme der Situation aller Verkehrsarten dienen sowie die daraus abgeleitete Stärken-Schwächen-Analyse. Auch die frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit halte ich für elementar wichtig, weil ohne gesellschaftlichen Konsens Veränderungen nur schwerlich realisierbar sein werden. Wichtig sind meiner Meinung nach die intensive und laufende Einbindung des Stadtrats, der Geschäftswelt in der Innenstadt, der großen Unternehmen und der Behörden. Die einzelnen Schritte des Verkehrskonzeptes sollten laufend öffentlich gemacht werden.

 

So ein Verkehrskonzept gibt es ja für die Stadt Forchheim nicht umsonst. Wie liegt Ihre Kostenschätzung für das integrierte Verkehrskonzept?

Claus Sperr: Insgesamt schätzen wir die Kosten für alle Bausteine auf rund 190 000 Euro. Die Bearbeitungszeit könnte weniger als zwei Jahre betragen.

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