Momentaufnahmen: Was Forchheim ausmacht

6.5.2015, 16:00 Uhr
Momentaufnahmen: Was Forchheim ausmacht

© Fotos: Gerhard Hagen

48 Seiten umfasst das Buch, aufgeteilt in zehn für die Stadtentwicklung wichtige Themen. Die Themen sind verknüpft mit Personen. In Interviews, geführt von Georg Körfgen, dem Forchheimer Redaktionsleiter der Nordbayerischen Nachrichten, entsteht vor dem geistigen Auge des Lesers eine Art von Momentaufnahme, die zu der Erkenntnis führen kann: Ja, genau so sieht es heute aus.

Gleichzeitig leitet Dieter George mit wenigen Absätzen jedes Thema historisch ein. Dadurch ergibt sich ein Gesamtbild. Vor dem Hintergrund des geschichtlichen Durchziehers lesen sich die Interviews ganz anders, als wenn sie allein für sich stünden.

Schließlich: Der Forchheimer Architekturfotograf Gerhard Hagen, heute in Bamberg lebend, setzte Themen wie Personen in Bildern um, wie sie nur ein Fotokünstler einfangen kann. Der Konferenzsaal der Schokoladenfabrik, der Zentrale Busbahnhof bei Nacht, das Treppenhaus der „Nord-Schule“ — völlig neue Ein- und Aussichten eröffnet Hagen hier dem Betrachter.

„Unglaublich aussagekräftig“

Dieter George erzählt, Gerhard Hagen habe ihn vor einigen Jahren auf die Spur gesetzt mit seiner Foto-Ausstellung „Schengen-Grenzen“. Die Bilder „elektrisierten mich“, so George, weil sie „unglaublich aussagekräftig“ waren. Er arbeitete gerade an den Alltagsgeschichten der 1940er bis 1970er Jahre („Forchheim zwischen gestern und heute“) und entdeckte so das „Loch“ in der Lokalhistorie.

Gerhard Hagen erklärte sich einverstanden, einzelne Gebäude seiner Geburtsstadt in Szene zu setzen, die repräsentativ den Stand der Architektur widerspiegeln und gleichzeitig für eine Geschichte stehen. Weil Gebäude aber nicht interviewt werden können, suchte und fand der Journalist Georg Körfgen, gebürtiger Forchheimer, Persönlichkeiten, die Auskunft gaben: „Man kann anhand der Interviews erkennen, dass nichts, was es heute in der Stadt gibt, selbstverständlich ist. Es ist alles das Werk einzelner Menschen.“

Fürs Thema „Neuansiedlung“ steht Thomas Hofmann, Sohn des Gründers der Schokoladenfabrik Piasten und deren langjähriger Geschäftsführer. Warum Forchheim? Hofmann gibt die Antwort. Das „Handwerk“ prägte Forchheim mehr als die Industrie. Doch kein Bäcker oder Schreiner wurde befragt, sondern der Holzblasinstrumentenmacher Christoph Kramer. Seine Geschichte ist zugleich die Geschichte des Handwerkerhauses Sattlertorstraße 12. Zum Thema „Verkehr“ hat Busunternehmer Dieter Kraus Überraschendes zu erzählen. Die Verkehrslage? Hat sich „eigentlich kaum“ verändert. Forchheims Straßen sind immer noch eng. Peter Lenkl, als Hausmeister der Adalbert-Stifter-Schule eine Institution im Norden, verkörpert das Thema „Schule“ jenseits des Unterrichtsgeschehens wie kein anderer. Früher, sagt er, hatte er bei einer Heizungsstörung ein paar Schalthebel zu bedienen. Heute braucht er einen Laptop.

Für den Bereich „Wohnen“ fand Körfgen mit Laura Bernhard den Prototyp der Neu-Bürger im neuen Viertel am Stadtpark: „Forchheim ist eine Stadt, in der man Lust hat mit Familie zu leben. Und wenn du mal Lust auf Oper hast, dann fährst du schnell nach Nürnberg.“ Heinz Arnold, Leiter des Bereiches Unternehmenskunden bei der Sparkasse, gibt in Sachen „Wirtschaft“ einen Einblick in die Veränderungen der Geschäftswelt. Zwar sei der Mittelstand noch immer der wichtigste Kunde, doch viele lokale Unternehmen haben ihre Zentralen heute im Ausland.

Viola Korneli („Sanierung“) erklärt am Beispiel der Gerberei Endres, warum sie es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, alte Gebäude zu neuem Leben zu erwecken. Unter der Rubrik „Gemeinwohl“ kommt Alexandra Ach zu Wort, Bewohnerin des Hauses für Wohnungsnotfälle am Eggolsheimer Weg: „Ich bin am liebsten zu Hause. In die Stadt gehe ich nur selten.“

Schließlich Rainer Kestler, Stadtarchivar und Bewegungsfanatiker. Er lässt im Kapitel „Sport/Freizeit“ Forchheims sportliche Nachkriegsgeschichte Revue passieren, ohne jede Sentimentalität: „Ich bin seit 20 Jahren der Meinung, dass alle Forchheimer Vereine fusionieren sollen.“ Zu guter Letzt Andreas Blaha. „Innovation“ passt gut zu seinem Arbeitgeber Siemens. Blaha hat 2006 in Forchheim nach viel Reisetätigkeit eine neue Heimat gefunden: „Ich genieße das, samstags auf den Markt zu gehen, durch die Stadt zu stromern.“

Der Bamberger Kommunikationsdesigner Joachim Sator ist für das außergewöhnlich stimmige grafische Konzept verantwortlich.

Das Buch ist für 14,80 Euro im Handel erhältlich. Am Donnerstag, 7. Mai, 19 Uhr, wird es im Rahmen einer Vernissage für die verwendeten Fotos in den Rathaushallen vorgestellt. Die Ausstellung ist bis 6. Juni geöffnet.

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