Nachbarschaftsstreit in Forchheim eskalierte vollkommen

11.4.2018, 12:00 Uhr
Vater und Sohn saßen gemeinsam auf der Anklagebank des Amtsgerichts Forchheim. Anlass: Ein Nachbarschaftsstreit.

© Huber Vater und Sohn saßen gemeinsam auf der Anklagebank des Amtsgerichts Forchheim. Anlass: Ein Nachbarschaftsstreit.

Angeklagt waren wegen eines angeblichen Stichs mit einer Spatengabel der 49-jährige Martin S. und wegen Bedrohung sein Sohn. An einem Sommerabend im August vergangenen Jahres gehen Reiner K. und seine Schwester zu Martin S. (alle Namen geändert). Thema unter den Nachbarn im Landkreis Forchheim ist wieder einmal das Gartentor, das sich auf dem Grundstück von Martin S. befindet und für mehrere Nachbarn einen Zugangsweg darstellt. Seit rund einem Jahr streiten die Familien darüber, ob das Tor geöffnet oder geschlossen bleiben soll.

Hitzige Diskussion

Die Ehefrau und der Sohn von Martin S. kommen hinzu, als sie den Streit bemerken. Die Diskussion an der Haustür wird schnell hitzig. "Ich erinnere mich nicht mehr genau, was alles gefallen ist. Ich war mit Sicherheit auch beleidigend", sagt Reiner K. vor dem Amtsgericht Forchheim. Über den Beginn des Streits und die gegenseitigen Beleidigungen sind sich die Beteiligten alle noch recht einig.

Im Verlauf der Diskussion geht es nicht mehr nur um das Gartentor, sondern um einen Brunnen auf dem Grundstück von Martin S. und seiner Familie. Reiner K. und seine Schwester folgen dem 49-Jährigen in Richtung des Brunnens. Während weiterhin gestritten wird, sagt Reiner K. über die Ehefrau von Martin S.: "Die war auf Arbeit schon blöd und ist es jetzt genauso."

Daraufhin ergreift der 49-Jährige eine Spatengabel mit vier Zinken, "weil ich mich bedroht gefühlt habe", wie er vor Gericht aussagt. Er habe sie aber schräg vor sich gehalten, mit den Zinken in Richtung seiner eigenen Füße, nicht in Richtung seines Nachbarn. Der habe dann selbst nach dem Spaten gegriffen, es sei zu einer Rangelei gekommen. "Der Boden war nass, ich hatte nur Schlappen an, und das Grundstück ist abschüssig, da bin ich ausgerutscht", so Martin S. Laut medizinischem Gutachten waren eine Schulterprellung, Bänderzerrung und Schultereckgelenksprengung die Folge. Reiner K. und seine Schwester sollen dann das Grundstück langsam gehend verlassen haben.

In deren Version dagegen hat Martin S. die Spatengabel ergriffen, sie auf seinen Nachbarn gerichtet und aus etwa einem Meter Entfernung in Richtung des Oberkörpers zugestochen. "Zum Glück konnte ich mit einem Sprung zur Seite ausweichen", so K. Den nächsten Angriff habe er abwehren können — ein Zinken habe ihn aber am Oberschenkel gestreift.

Nachdem Martin S. gestürzt war, sei er gleich wieder aufgestanden und in Angriffshaltung gegangen — Verteidiger Stefan Kohler merkt hier aber an, dass er das aufgrund der dokumentierten Verletzungen von Martin S. bezweifelt. Reiner K. und seine Schwester seien los gerannt. "Wir hatten Angst um unser Leben", so K. vor Gericht. Der Sohn von Martin S. soll gerufen haben: "Wenn ihr noch einmal unser Grundstück betretet, bringe ich euch um."

Während des Angriffs hatte Reiner K.s Schwester die Polizei verständigt. Die Beamten trennten die Familien. Die Aussage der Schwester, Martin S. habe mit seinem Auto wegfahren wollen und sein Sohn sie noch angerempelt, konnten weder die Polizeibeamten noch weitere Zeugen bestätigen. Der einzige unabhängige Zeuge war ein weiterer Nachbar, der Martin S. sah, als er mit der Spatengabel quer vor sich im Garten lief.

Eingeschränktes Sichtfeld

Reiner K. und seine Schwester seien nicht in unmittelbarer Nähe gewesen. Jedoch habe er durch die Hanglage seines unterhalb liegenden Grundstücks nur ein eingeschränktes Sichtfeld. Der Staatsanwalt gab zu, es sei schwierig, sich bei so verschiedenen Aussagen ein eindeutiges Bild von den Abläufen zu machen. Dennoch stufte er die Aussagen von Reiner K. und seiner Schwester als schlüssig ein, Martin S. habe eine gefährliche Körperverletzung begangen. Er forderte eine Haftstrafe von neun Monaten zur Bewährung für Martin S. und 30 Tagessätze zu je 40 Euro für den Sohn, der die Drohung ausgesprochen haben soll.

Richterin Silke Schneider teilte diese Ansicht nicht. "Einige Punkte sprechen für die eine, einige für die andere Geschichte. Ich bin mir nicht sicher, wie es gewesen ist, und muss deshalb im Zweifel für den Angeklagten entscheiden", begründete sie den Freispruch für Martin S. und seinen Sohn.

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