Neuer Krimi: Friederike Schmöe über Organtransplantationen

29.9.2014, 17:34 Uhr
Neuer Krimi: Friederike Schmöe über Organtransplantationen

© Foto: Güldner

„Mich interessieren die Menschen an den Bruchstellen, in Ausnahmezuständen. Wie verhalten sie sich in Krisen?“ Es sind die letzten philosophischen Fragen, die grundsätzlichen nach Leben und Tod, wo das eine endet und das andere beginnt, die so normalerweise nicht in einem Kriminalroman zu finden sind. Bei Friederike Schmöe verweben sich ein ungeklärter Unfalltod, eine herzkranke junge Frau und klug eingestreute medizinische Fakten zu einem Netz, durch das Gut und Böse nur schwer zu sehen sind.

Kein normaler Kriminalfall, kein normaler Ermittler, keine normale Lösung. Die „Franconian Queen of Crime“, wie Wolf Sander die Autorin in Anlehnung an Agatha Christie nennt, macht damit das, was jenseits des Rätselkrimis immer schon üblich war: Sie nutzt den spannenden Plot, um anderes damit zu transportieren. Friederike Schmöe macht das mit solcher Eleganz und Nonchalance, dass man den monologisierenden Passagen über medizinische oder ethische Fragen ebenso gebannt folgt, wie der dialogreichen Erzählung um die herzkranke Alexa, den toten Portugiesen Ruy oder die smarte Geschäftsfrau Dagmar.

Sisyphus im weißen Gewand

Ihre Lieblingsfigur aber ist Dr. Schmidt, ein vornamenloser Chirurg, der „dem mechanistischen Weltbild“ seiner Zunft anhängt und macht, was ihm „Der Anzug“ sagt. Exemplarisch exerziert die Autorin an ihm die Gewissensbisse, die existenziellen Konflikte eines Arztes, den Zwiespalt zwischen Beruf und Privatleben. „Überall in der Welt wird gestorben. Warum sollte dieses eine Leben gerettet werden?“ Ein Sisyphus im weißen Gewand, der „den neuen Gott: das Gehirn“ nicht unbedingt anbetet. „Zum (illegalen) Organhandel gibt es viele Bücher, auch grausige. Voller Bilder von spritzendem Blut und ausgeweideter Körper.“ Friederike Schmöe macht sich eher Gedanken darüber, was mit dem Menschen geschieht, der ein solch fremdes Organ erhält. Lebt der Tote im neuen Körper weiter? Gibt es ein zelluläres Gedächtnis, das dazu führt, dass Verhaltensweisen auf den anderen Menschen übergehen?

Blick für das Abseitige

Die Coburgerin, die als Germanistin an der Universität Bamberg lehrt und selbst Organspenden ablehnt, macht das am Beispiel der Vorlieben für Oliven und der Sehnsucht nach dem sonnigen Süden deutlich, die auf Alexa übergegangen zu sein scheint. Sprachlich wechselt die Wort-Chirurgin gekonnt zwischen dem poetischen Klang romanischer Zunge und der sachlich-kühlen Atmosphäre deutscher Vorstandsetagen. Und sie hat einen Blick für das Abseitige, wenn sie die „bis zur Leblosigkeit gepflegten Vorgärten“ betrachtet, sich mit „Frau Praktischer-Haarschnitt“ unterhält oder in einem der typischen Voralpenseen badet („ein Loch voller Wasser“).

Der Roman führt Kea Laverde und ihre Erzählerin nach Lissabon — und zu sich selbst, da ist die Krimihandlung längst in den Hintergrund gerückt. Spannend bleibt es trotzdem. Übrigens: Wer Friederike Schmöe in den nächsten Wochen in Ebermannstadt über den Weg läuft, sollte sich nicht wundern. „Ich recherchiere gerade für das Buch ,Kirchweihleichen‘, das im nächsten Jahr erscheinen soll.“ Einer der Tatorte liegt dann in dem kleinen Städtchen an der Wiesent.

Die Lesungen in der Buchhandlung Fränkische Schweiz gehen weiter. Am 8. Oktober liest Tessa Korber aus ihrem Krimi „Zum Sterben schön“. Am 22. Oktober ist Claudia Schreiber mit ihrem Kinderbuch „Sultan und Kotzbrocken in einer Welt ohne Kissen“ zu Gast. Beginn jeweils 19.30 Uhr, Eintritt: acht Euro.

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