NN-Kunstpreis: Nur eine Berührung und das Werk lebt

20.8.2017, 09:00 Uhr
Kunst parallel zur Natur kann Bildhauerin Barbara Wildermann in ihrem Haus mit Garten in Reuth leben. Umgeben von ihren Werken entstehen immer neue Kreationen, weil sie sich von Fertigem für Entstehendes inspirieren lässt.

© Udo Güldner Kunst parallel zur Natur kann Bildhauerin Barbara Wildermann in ihrem Haus mit Garten in Reuth leben. Umgeben von ihren Werken entstehen immer neue Kreationen, weil sie sich von Fertigem für Entstehendes inspirieren lässt.

„Es ist eine grandiose Sache, dass es den NN-Kunstpreis gibt, der vielen Künstlern hilft, dass ihre Arbeiten gesehen werden“, so die Bildhauerin Barbara Wildermann (67). Dabei hatte erst ihre Künstlerkollegin und Nachbarin Babetin Teichmann (36) sie zur Teilnahme überredet.

Beim Besuch der Steinflüsterin auf der Reuther Hut erzählt Barbara Wildermann vom Balkan. Dort hat die Hobby-Archäologin bei Ausgrabungen an den sogenannten „Bosnischen Pyramiden“ nahe Visoko mitgewirkt.

Ein bisschen sei die Suche nach dem im Erdreich Verborgenen und Verschütteten wie die Suche nach dem, was noch unbehauenes Material in sich birgt, erzählt die Künstlerin, die vor 13 Jahren in einer schwierigen Lebensphase von einem Freund Werkzeuge in die Hand gedrückt kriegte und alsbald dem Stein all ihre Verletzungen entlockte. Die Kunst war der Mathematikerin, die lange Jahre an einem Gymnasium in Erlangen und der Rudolf-Steiner-Schule in Nürnberg unterrichtet hat, nicht direkt in die Wiege gelegt. Zwar gab es zwei Onkel, von denen einer Sänger, sogar an der „Met“ in New York, und der andere Maler war, sowie Cousinen, die die künstlerische Laufbahn einschlugen, doch Barbara Wildermann widmete sich zunächst der Mathematik. Wobei die Suche nach dem Schönen ihr Leben schon immer bestimmt habe.

Mit dieser Skulptur hat Barbara Wildermann am NN-Kunstpreis teilgenommen.

Mit dieser Skulptur hat Barbara Wildermann am NN-Kunstpreis teilgenommen. © Udo Güldner

An den zu bearbeitenden Stein tritt sie voller Ehrfurcht heran, sie „begrüßt ihn liebevoll“ mit ersten Schlägen. Manchmal arbeitet sich Barbara Wildermann an den Kern heran, immer wieder „auf Wunder stoßend“.

Mit einem Diamantschwämmchen poliert sie die Oberfläche nur leicht. „Das tagelange Schmirgeln mag ich nicht.“ So wie in ihrer Plastik „träumend“, deren weißer Alabaster die NN-Kunstpreis-Jury veranlasst hat, den lebensgroßen Kopf in die begehrte Ausstellung aufzunehmen.
„Wenn die Morgensonne auf ihn fällt, dringt das Licht durch den Stein.“ Ihr Vorbild, der Rumäne Constantin Brancusi und dessen Annäherung an den „wahren Sinn der Dinge“ leuchtet dahinter ganz deutlich auf.

Seit 40 Jahren wohnt Barbara Wildermann in Forchheim, stammt aber aus Plochingen: „Dort wo der Neckar ein Knie macht.“ Der Liebe wegen habe sie ihre wissenschaftliche Karriere aufgegeben und ist von Schwaben nach Franken gekommen. Mehrfach im Jahr bereist sie die Domizile ihrer Bildhauer-Kollegen in aller Welt. „Das tut mir so gut.“

Gemeinsam nähert man sich neugierig dem Marmor, wie er im Steinbruch im Tessiner Peccia zu finden ist. „Zu Hause werde ich, auch von meinen fünf Enkelkindern, zu sehr abgelenkt.“ Der kleine Ort in der italienischen Schweiz ist mit seiner „Scuola di Scultura“ ein kreatives Zentrum und der Ort, an dem Barbara Wildermann zu ihrer Arbeit gefunden hat.
Dass sie von der Jury in die engere Wahl des NN-Kunstpreises gezogen wurde, hat sie bei einem USA-Aufenthalt in New York erfahren. Der Rundgang durch ihre Wohnung offenbart Skulpturen, die von Barbara Wildermanns Intentionen der Steinarbeit erzählen. Beim Verlassen des kleinen Vorgartens fällt der Blick auf einen nackten weiblichen Torso aus Schilfsandstein. Mit einem feuchten Tuch wischt die Künstlerin kurz darüber und plötzlich lebt das Objekt.

Die NN-Kunstpreis-Ausstellung läuft bis 3. September im Kunsthaus im KunstKulturQuartier Nürnberg, Königstraße 93. Geöffnet Di bis So 10—18 Uhr; Mi 10—20 Uhr. Danach wandert die Schau in die Partnerstadt Charkiw in der Ukraine.

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