Pilz-Wanderung: Winzige Unterschiede sind lebenswichtig

2.9.2014, 06:00 Uhr
Pilz-Wanderung: Winzige Unterschiede sind lebenswichtig

© Andreas Kummer

„Huch, was haben Sie denn da im Korb? Der Pilz ist ja giftig!“, sagt Diana Härpfer. Mit geschultem Blick hat sie im Korb einer Sammlerin einen sogenannten Hautkopf ausgemacht. Doch wegwerfen will die Biologin das Gewächs nicht. „Mit dem Pilz kann man zumindest Stoffe rot färben“, erklärt sie – zum Erstaunen ihrer Zuhörer.

Wer da so eifrig lauscht, das sind die 25 Teilnehmer einer Pilzwanderung. Organisiert hat die dreistündige Tour „in die Pfiffer“ der Gartenbauverein Hallerndorf unter Vorsitz von Heidi Schneider. Alleine sind die Vereinsmitglieder dabei nicht – denn Unterstützung bekommen sie von der Erlanger Diplom-Biologin Diana Härpfer. Als Pilz-Expertin hat sich die Fachfrau seit vielen Jahren durch Seminare und Exkursionen bei Naturfreunden einen Namen gemacht.

„Der bleibt besser im Wald“

Kaum hat Härpfer ihre Tour nahe Pautzfeld in das Waldgebiet „Untere Mark“ gestartet, legt sie mit ihrem Fachwissen bei einem besonders schön rot leuchtenden Pilz los: dem Speitäubling. „Der bleibt aber besser im Wald“, mahnt Härpfer an. Denn trotz seines hübschen Aussehens ist der Speitäubling giftig. Außerdem schmecke er brennend scharf.

Nicht für den Verzehr geeignet ist auch der Gallenröhrling. „Er schmeckt ziemlich bitter“, weiß Härpfer zu berichten. Wer sich davon überzeugen möchte, durfte das tun und kosten. Fies ist nicht nur der Geschmack des Pilzfleisches. Zudem sieht der Gallenröhrling auch dem Steinpilz zum Verwechseln ähnlich. Doch Härpfer weiß auch hier einen Tipp: Gallenröhrlinge können vom Steinpilz anhand der dunklen Netzzeichnung auf dem gelblichen Stiel unterschieden werden. Der Steinpilz dagegen habe am oberen Stielende ein weißes Stielnetz.

Wie der Steinpilz ist auch der Perlpilz im gegarten Zustand ein sehr guter Speisepilz. Erkennen könne der Sammler ihn an der rötlichen Verfärbung an verletzten Stellen. Beim Sammeln dürfe er aber nicht mit dem Pantherpilz verwechselt werden. Der klingt nicht nur gefährlich, sondern ist es auch. Bei dessen Verzehr können Menschen durchaus sterben oder in ein Koma fallen.

Abbrechen, nicht rausreißen

Die Aufmerksamkeit der Naturfreunde vom Gartenbauverein erregt auch ein weiterer, bizarr aussehender Pilz: die Krause Glucke. „Der ist zwar schwer zu säubern, weil er so schwammartig ist. Dafür schmeckt er aber sehr gut“, schwärmt Härpfer. Es überrasche daher nicht, dass die Glucke ein gern genommener Speisepilz ist.

Für Pilzsammler hat Härpfer wertvolle Ratschläge parat. So sollen Pilze nicht rausgerissen, sondern unten am Stil abgebrochen oder abgeschnitten werden. Unbekanntes sollte niemals im Sammelgut landen. „Ich rate außerdem, Pilze immer zu putzen, bevor man sie in den Korb legt.“ Sauberkeit im Sammelkorb sei wichtig und erleichtere später die Zubereitung.

Auch mit Blick auf Pfifferlinge hat Härpfer Tipps – und das sowohl für die echten als auch für die falschen. „Falsche Pfifferlinge sind in geringen Mengen essbar“, so die Biologin. Doch allzu viele sollten es nicht sein. „Manche Menschen bekommen davon Bauchschmerzen.“ Der echte Pfifferling habe Leisten, der falsche dagegen Lamellen. Der Pfifferling riecht außerdem aprikosenartig.

Für Staunen bei den Kindern sorgte besonders ein wahrer Killer: der Grüne Knollenblätterpilz. Zu erkennen ist er an seiner weißgrünen Farbe sowie an ganz weißen Lamellen. „Eigentlich ist es ein schöner Pilz vom Aussehen her“, sagt Härpfer nachdenklich. Doch ein einziger reicht schon, um einen Menschen ins Grab zu bringen. „Die Inkubationszeit liegt bei etwa 24 Stunden. Ab dann muss man sich erbrechen.“

In dem Moment aber sei es schon zu spät. Die Leber sei bereits angegriffen – und das irreparabel. Sogar Prominente gehörten schon zu seinen Opfern. So soll der römische Kaiser Claudius im Jahr 54 nach Christus durch einen Knollenblätterpilz gestorben sein. Dabei handelte es sich allerdings nicht um ein Versehen, sondern um ein Attentat.

Heimat edler Knollen

Die Region um Pautzfeld ist auch Heimat richtig edler Knollen. Das gilt zum Beispiel für Trüffel. Diese wachsen unterirdisch und sind für das menschliche Auge unsichtbar. Doch mit ausgebildeten Hunden etwa seien sie auffindbar. „Trüffel gibt’s bei uns da wo Eichen stehen. Sicherlich sind wir heute mehrfach an welchen vorbeigelaufen.“ Lohnend sei eine Pilzwanderung aber nicht nur wegen der frischen Luft und des Spaßes am Suchen. Auch Geldsparen lasse sich damit im Rahmen des Eigenverbrauchs. „Für ein Kilo Steinpilze muss man auf dem Großmarkt etwa 30 Euro hinlegen, für Pfifferlinge sogar 40 Euro pro Kilo.“

Auch zum Thema Fuchsbandwurm gab Härpfer Auskunft. Zwar seien nach neuen Erkenntnissen auch die Eier des Schädlings durch Wind auf Pilze prinzipiell übertragbar. Doch da man Pilze nie roh essen sollte und durch Erhitzen die Eier absterben, halte sich die Gefahr der Infizierung sehr in Grenzen. „Man hat es lang nicht mehr gehört, dass sich jemand den Bandwurm durch Pilze eingefangen hat“, erklärt die Biologin. Auch die Gefahr, nach dem Tschernobyl- Unglück radioaktiv verstrahlte Pilze zu erwischen, sei gering.

Am 6. September wird die Gemeinde Kammerstein im Landkreis Roth den ersten mittelfränkischen Pilzlehrpfad eröffnen.

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