Reine "Vertauenssache": Sand bremst Schiffe

25.1.2011, 12:00 Uhr
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„Namasté“ liegt bewegungslos auf dem Wasser. „Ich verehre dich“ heißt der indische Name des Schiffes übersetzt. Wenn der große Frachter sich schon nicht bewegen kann, dann erbringt er den Passanten wenigstens eine Ehrerbietung in Form dieses Grußes. An Deck steht Tomás Dorsic und bläst entspannt den Rauch einer Marlboro in die kalte Winterluft.

„Was ich so mache?“, fragt der freundliche junge Mann aus der Slowakei — und überlegt. Klar, das Schiff säubern. Und die Technik überprüfen. Aber irgendwann ist das alles erledigt. Und dann?

Hausen hat er sich schon angesehen: „schön ist das“, sagt er und zieht eine weitere Marlboro aus dem blauen Anorak. Ein entspanntes Leben bis zum 3. Februar, wenn das Schiff wieder genug Wasser unter dem Kiel haben wird, oder?

Jeder Tag zählt

„Morgen werde ich abgeholt“, erklärt Tomás Dorsic. Dann kommt ein Fahrer und fährt ihn zurück in die Slowakei. Es reicht schließlich, wenn der Kapitän und seine Frau hier an Bord festsitzen. Die geladenen Soja-Bohnen werden nicht so schnell verderben, doch das Geld rinnt dem Boss täglich durch die Finger. „Für den Auftrag werden wir nur noch die Hälfte des Geldes bekommen“, schätzt Tomás Dorsic.

Die Crew des belgischen Frachters steht in ständigem Kontakt zum Wasser- und Schifffahrtsamt Nürnberg. Ist noch genug Trinkwasser an Bord? Müssen Mülltüten abgeholt werden? „Wir haben deren Handy-Nummern und sie unsere“, sagt Harald Göhring, Sachbearbeiter des Schifffahrtamtes in Nürnberg.

Freie Platzwahl

Entscheidet die Behörde auch darüber, wo die Schiffe zu parken haben? „Wir machen Vorschläge“, erklärt Göhring. Letztlich aber entscheidet die Schiffsbesatzung über den Ankerplatz. „Der eine möchte ganz vorne an der Schleuse sein, um sofort starten zu können, wenn es los geht“, so der Sachbearbeiter. „Ein anderer will am liebsten dort bleiben, wo das größte Kino ist.“

Während die Schiffsleute gerade Zeit übrig haben, kämpfen die Bauarbeiter gegen die Zeit. So schnell wie möglich will die beauftragte Firma mit dem Namen „Domarin“ aus Vilshofen (Landkreis Passau) die Arbeiten am Main-Donau-Kanal abschließen. Der 3. Februar sei durchaus realistisch, sagt Domarin-Geschäftsführer Johann Brunner.

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Gut 3300 Tonnen am Tag schaffen die Maschinen weg, die allesamt von dem Vilshofener Unternehmen bereit gestellt werden. Zwei Schubschiffe, drei Schubleichter (Ladungsschiff ohne eigenen Antrieb) und zwei Bagger auf einem Ponton sind damit beschäftigt, die Fahrrinne wieder freizulegen. Der Aushub wird bei einem Sand- und Kieswerk in der Nähe von Bamberg abgeladen.

Acht Arbeiter des Spezialunternehmens sind auf der Wasserbaustelle aktiv. Am vergangenen Wochenende haben sie bereits Samstag und Sonntag gearbeitet — „wegen der Dringlichkeit“, sagt Brunner.

Sperre unvermeidlich

Die Sandablagerung ist eine unmittelbare Folge des Hochwassers der vergangenen Tage. Auf Feldern und an Ufern hat das Wasser nach seinem Rückgang Sand und Geröll mitgenommen. An einigen Stellen — darunter auch der Bereich südlich der Schleuse Hausen hat sich so viel gesammelt, dass das Schifffahrtsamt sich zu einer Sperre gezwungen sah.

Für das beauftragte Unternehmen aus Vilshofen sind die Arbeiten reine Routine. „Wir waren zudem auch gewarnt, dass es nach dem Hochwasser so kommen wird“, sagt Brunner, „konnten uns also personell darauf einstellen.“

Für Spaziergänger, Jogger und Radfahrer bieten die unermüdlich arbeitenden Maschinen derweil eine interessante Vorstellung. Selten sieht man solche Baustellen.