Skelettfund: Forchheim hat haufenweise Leichen im Keller

21.8.2016, 06:00 Uhr
Skelettfund: Forchheim hat haufenweise Leichen im Keller

© Fotos: Edgar Pfrogner

"Wir haben bislang zwei Männer und mehrere Frauen hier im einstigen Friedhof der alten Spitalkirche gefunden", sagt Grabungsleiterin Johanna Aas von der Bamberger Grabungsfirma Reve. "Allesamt eher ältere Menschen." Das lässt sich Aas zufolge daran erkennen, dass bei einigen Skeletten bereits die Zähne ausgefallen waren beziehungsweise gezogen wurden.

Die Gräber stammen nach ersten Einschätzungen der Forscherin von Spitals-Patienten aus dem Spätmittelalter, höchstwahrscheinlich um das 14. und 15. Jahrhundert herum. Auch weisen viele Knochen Verletzungsspuren auf, von verheilten Entzündungen bis hin zu Frakturen. Allerdings, so Aas, seien für eine genau Untersuchung von Geschlecht, Alter und Krankheitsgeschichte Anthropologen zuständig. "Wir sind als Archäologen diesbezüglich keine Extrem-Experten", sagt die Grabungsleiterin lächelnd.

Dicht an dicht gestapelt

Die sterblichen Überreste von 13 "Individuen", wie sie die Grabungsleiterin nennt, sind bislang in der rechteckigen, nur rund fünf Quadratmeter kleinen Baugrube an der Bamberger Straße in weniger als zwei Metern Tiefe entdeckt worden. "Wir sind aber noch nicht ganz unten angekommen, vermutlich liegen da noch deutlich mehr Knochen und Skelette." Nach deren Dokumentation kommen die Funde zur weiteren Auswertung ins Landesamt für Denkmalpflege nach Bamberg. Am Ende wird dort entschieden, ob sie ausgestellt oder wieder an ihrer alten Grabstätte beigesetzt werden.

Acht- oder wahllos bestattet wurden sie nach Einschätzung der Forscherin jedoch nicht: "Särge gab es wohl keine, aber vermutlich waren sie in Leichentücher gehüllt." Zudem fällt auf, dass die Skelette ihre Arme auf der Brust oder auf dem Becken gekreuzt haben, teilweise auch mit gefalteten Händen.

Es ist nicht das erste Mal, dass in Forchheim im Zuge von Bauarbeiten Knochen zu Tage gefördert wurden: Erst vergangenen Monat entdeckte man bei den Vorbereitungen zur Generalsanierung des Rathauses große Knochenreste von Schweinen und Rindern in den Kellergewölben. Dort verkauften Metzger "underm Rathaus" doch noch bis Ende des 18. Jahrhunderts ihre Ware. Vergrabene menschliche Knochen fand man in der Vergangenheit auch an der Martinskirche und auf dem Gelände des ehemaligen Klosters St. Anton.

"Es war früher einfach üblich, dass man Friedhöfe unmittelbar um die Kirche herum anlegte." Allerdings sei die hohe Anzahl an Skeletten, die sich an der Spitalkirche regelrecht ballen, durchaus erstaunlich. "Manchmal sieht man durch den Brustkorb eines Toten bereits die Knochen eines anderen, der direkt unter ihm liegt."

Mittelalter trifft Gegenwart

Die momentanen archäologischen Arbeiten beschränken sich ausschließlich auf den Bereich der Baugrube. Hier verlegen die Stadtwerke derzeit im Rahmen des Neubaus des Seniorenwohnzentrums neue Leitungen.  Das bedeutet: die unzähligen weiteren Skelette, die noch unter der Erde liegen, werden erst beim nächsten anstehenden Bodeneingriff ausgegraben.

Hier muss die Wissenschaft des Altertums hinter den Verkehrsbelangen der Gegenwart zurückstehen. Denn mit den Grabungen, die noch bis Dienstag andauern sollen, und dem dadurch verhängten Baustopp, verzögern sich die Bauarbeiten laut Schwarzmann um etwa eine Woche.

Die Straßensperrung bleibt damit noch bis mindestens Freitag, 26. August, bestehen – worüber sich nur die wenigsten Autofahrer, die in die Innenstadt wollen, freuen dürften.

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