Sohn im Drogensumpf: Forchheimer Eltern verzweifeln

3.5.2016, 16:36 Uhr
Schaut harmlos aus, ist aber hochgefährlich: Von der Polizei sicher gestellte Kräutermischungen bei der Analyse in einem Labor.

© Archivfoto: Fredrik von Erichsen/dpa Schaut harmlos aus, ist aber hochgefährlich: Von der Polizei sicher gestellte Kräutermischungen bei der Analyse in einem Labor.

„Warten Sie noch ein paar Monate, dann ist Ihr Sohn 18 und Sie können ihn rausschmeißen“, sagt die Polizistin zu ihr. Florians Mutter Margit (alle Namen von der Redaktion geändert) hat Tränen in den Augen, als sie von dem Beratungsgespräch der Polizeiinspektion Forchheim erzählt. Die Beamtin hat sie über die Möglichkeiten aufgeklärt, was sie für ihren Sohn tun könnte, der regelmäßig Kräutermischungen konsumiert und womöglich auch weiterverkauft.

Der Vorschlag, den die Beamtin aus ihrer eigenen Ratlosigkeit gegenüber dem Problemfall heraus gegeben hat, ist für die 39-Jährige unvorstellbar. Doch ihr 17-jähriger Sohn macht ihr so große Sorgen, dass sie an der Supermarktkasse ihre PIN-Nummer vergisst und nachts nicht mehr schlafen kann. Margits Blutdruck steigt und steigt. Doch mehr Angst als um sich hat sie um ihren Sohn.

Im Facebook-Chat-Verlauf ihres Sohnes hat sie erschreckende Nachrichten gelesen: „Ich bring’ dich um, wenn du nicht kommst“, stand da, oder: „Heute wirst du sterben.“ Die Vermutung der Eltern: Ihr Sohn wird erpresst, zum Drogenkonsum und Weiterverkauf gezwungen. Zudem hat ihr ein Freund ihres Sohnes erzählt, dass Florian Blut hustet.

Fast schon Experten

Die Veränderung begann vor zwei Monaten, damals bemerkten die Eltern, dass ihr Sohn Drogen nahm. Von Kräutermischungen wussten sie damals noch nichts — heute sind sie fast schon Experten. Doch versuchen sie mit ihrem Sohn darüber zu sprechen, fliegt die Tür zum Kinderzimmer zu. Dreimal in nur zehn Tagen war die Polizei bei Margit und ihrem Mann Peter. Auch die Beamten konnten Florian nicht überzeugen, den rechten Weg einzuschlagen.

„Ich habe kein Vertrauen mehr in die Polizei“, sagt Peter (40). Eigentlich hatte er gedacht, die Polizei könnte bei einem Fall wie seinem Sohn helfen. Bei den Eltern von Kindern, die Drogenprobleme haben, ist „der Frust natürlich groß“, so der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion Forchheim, Robert Schaffranietz.

Und manchmal schwingt viel Wut und Groll mit. Die Aufgabe der Polizei sei es jedoch, „die Akutsituation zu klären“, so Schaffranietz. Jugendliche, die sich selbst oder andere im Rausch verletzen, könnten sie nach dem Einsatz zum Schutz in die Jugendpsychiatrie nach Bayreuth schicken. Doch wenn die „Gefahr abgewehrt“ und der Einsatz vorbei ist, können sie nichts weiter tun, als beispielsweise zuständige Behörden wie das Jugendamt einbinden.

Peter kann nicht mehr schlafen. Seit einer Woche ist er nicht auf der Arbeit gewesen. Es geht einfach nicht. Stattdessen verbringt er jede Minute damit, seinen Sohn zu finden, um ihm dann doch wieder nicht helfen zu können.

Der verlorene Sohn

Denn der Junge zieht immer wieder los. Sein Vater sucht dann die ganze Stadt ab. Letztens fand er ihn auf dem Friedhof: „Er hatte dort mit seinem Freund Kräuter geraucht: Ich hab nur noch gesehen, wie er zusammengebrochen ist.“ Als er seinen Sohn mit nach Hause nehmen will, springt der 17-Jährige auf und haut ab. Etwas später findet der Vater ihn in einem nahe gelegenen Park: „Er lag auf dem Boden, war komplett weg.“

Inzwischen ist wieder etwas Hoffnung in Sicht. Das Jugendamt war da, weitere Gespräche wurden geführt. Der Junge hat auf Drängen seines Vaters ein Praktikum begonnen. Peter glaubt, es habe geholfen, dass er nicht nur seinem Sohn ins Gewissen gesprochen hat, sondern auch dessen Freunden. Ob es so ruhig um Florian bleibt? "Ich hoffe es so sehr", sagt Peter.