Suche nach innerem Tempomaten beim Laufen

31.5.2016, 12:20 Uhr
Suche nach innerem Tempomaten beim Laufen

© Foto: Pfrogner

„Den Kurs selbst muss ich vorab nicht abgelaufen haben. Es reicht, Höhenprofil und Untergrund zu kennen, auf das zu erwartende Wetter vorbereitet zu sein. Das wichtigste Kriterium ist die Lauf-Erfahrung. Seine Distanz muss der Zugläufer absolut beherrschen, mindesten zehn Teilnahmen sollten es schon sein. Du musst dich selbst als Läufer kennen und je nach geforderter Ziel-Zeit theoretisch zwischen 20 und 35 Minuten schneller laufen können. Den inneren Tempomaten einzuschalten und die Geschwindigkeit konstant zu halten, das ist teils erlernbar und mit Digitaluhren kontrollierbar, teils ist es angeboren.

Die ursprüngliche Aufgabe der Zugläufer, die in Deutschland vor dem gegenwärtigen Marathon-Boom in den 80ern erstmals auftauchten, war gerade zu Beginn das Einbremsen einer Gruppe. Einerseits passierte es der ambitionierten jungen Elite regelmäßig, dass sie sich zu früh verausgabte. Andererseits schlug der Ausdauersport mit den Zugläufern für die breite Masse einen Weg weg vom Solo-Kampf ein.

Einen mentalen Durchhänger kann man im Rennen dank der Gesellschaft überstehen, einen körperlichen eher weniger. Das Sprit sparen ist jedoch nicht so das Ding der Männer, bei denen die Selbstüberschätzung selbst unter Neulingen weit verbreitet ist. Die Frauen sind da zurückhaltender und brauchen eher Ermutigung. Ein typischer Fehler ist es, sich für einen zu schnellen Zugläufer zu entscheiden. Ich habe da so meine Tricks, bei den Leuten gleich am Anfang etwas gesunde Ehrfurcht zu erzeugen. Aber bei den wenigsten hilft es. Der Zugläufer kommt fast immer alleine ins Ziel.

Neben einer sicheren Ausstrahlung als läuferisches Vorbild kommt dem Zugläufer eine gewisse Unterhaltungs-Funktion zur Ablenkung zu. Am Anfang quatschen die Teilnehmer unter sich, im letzten Drittel geht die meiste Kommunikation von mir aus. Mir ging es selbst früher manchmal zu bierernst zu. Deshalb erzähle ich gerne einen längeren Witz über eineinhalb Kilometer und sorge für besondere Erinnerungsfotos. Als Lauftherapeut baue ich auch Lockerungsübungen ein, um Muskelkrämpfen vorzubeugen. Nicht zuletzt erinnert der Zugläufer seine Gruppe daran, sich fürs effektive Trinken Zeit zu nehmen und stehen zu bleiben.“

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