Traumverloren und zartfingrig

3.3.2015, 12:00 Uhr
Traumverloren und zartfingrig

© Udo Güldner

Der Kölner Solist zeigte mit „Hands At Work“ Ausschnitte aus seinen aktuellen CDs und ganz nebenbei, wie eine Akustikgitarre jenseits der Klassik oder des Flamenco auch klingen kann.

Das Wasser ist überall. Zwischen den Saiten, entlang des Halses, im Corpus. Von dort dringt es als stürmischer Schwall, als plätschernder Strom, als sprühende Gischt in die Gehörgänge.

Unter den Niagara-Fällen folkt Markus Segschneider dem Strom der US-Country-Musik. Seine „Maid Of the Mist“ lässt die Legende der Irokesen-Squaw, die mit ihrem Kanu die Wasserfälle hinabgestürzt sein soll, dank einiger Tonleitern und kräftiger Akkorde aus den Tiefen des Flusses aufsteigen. Ein feuchtes und wildes Vergnügen.

Hatte einst Frédéric Chopin im verregneten Mallorca sein „Regentropfen-Prelude“ verfasst, so nutzt Markus Segschneider einen Ausflug an die Nordseeküste, um der „Stormfront“ ein wuchtiges Crescendo abzutrotzen. Im Auge des Orkans warten Francisco Tarrega und Joaquin Rodrigo, bis die Flut anbrandender Akkorde abebbt und den Blick auf den vielschichtigen Grund freigibt.

Leichter Herbtsregen

Dabei klingen seine Eigenkompositionen, wie „Rain Colours“, die einem leichten Herbstregen einen ungeahnt farbenprächtigen Eindruck abgewinnen, oder „Walk Around the Block“, der mit einem walking bass einen jazzigen Spaziergang um den Block unternimmt, wie verträumte Geschichten, die Eindrücke schildern, Landschaften erkunden, Seelenzustände abtasten. So wie die Hommage an „meine Lieblingslandschaft Ostfriesland“, der er „Mit Blick aufs Meer“ ein rauschendes, Denkmal setzt.

Die Cover-Versionen, denen Segschneider eine eigene Stimmung verleiht, haben ihre Wurzeln in der nordamerikanischen Musik. Etwa Jimmy Webbs „Highwayman“. Country-Legenden wie Johnny Cash, Glen Campbell, Willie Nelson haben den Song interpretiert, der von einem Mann erzählt, der ständig stirbt und wiedergeboren wird. Markus Segschneider legt ihn melancholisch. Mit der britischen Band „The Shadows“ begibt sich Markus Segschneider in ein „Wonderful Land“, dessen harmonische Weiten man kaum erfassen kann, macht sich auf die Jagd nach den „Ghost Riders In the Sky“, denen auch mit wildem Virtuosentum nicht beizukommen ist, und pirscht sich an den „Apache“ heran. Ein Medley, mit dem der Solo-Gitarrist aus dem Schatten der seit über 50 Jahren rockenden „Shadows“ heraustritt. Wo er den Country-Gitarristen „Mr Guitar“ Chet Atkins trifft, einen der Erfinder des Nashville Sound.

Überhaupt findet Markus Segschneider seine Heroen in der Neuen Welt: Jackson Browne oder James Taylor sind nur zwei von ihnen. Den „Summer Morning“ durchflutet eine wohlige Wärme, der Markus Segschneider zartfingrig und traumverloren auf den Saiten nachspürt. Dabei entpuppt sich der Songwriter als Meister des flatternden Tons. Nach zwei Stunden, in denen das flüssige Element in Töne gegossen im Jungen Theater die Köpfe des Publikums sanft umspült hat, sind auch die letzten heiteren Tropfen verdampft.

Keine Kommentare