Trotz schwerer Krankheit: Heroldsbacher kennt keine Grenzen

FORCHHEIM - Als Stefan Rascher 1967 in Heroldsbach geboren wird, ist schnell klar: Mit dem Jungen stimmt etwas nicht. Das linke Bein ist rot — eine angeborene Venenerkrankung (das Klippel-Trenaunay-Syndrom kurz KTS). Die Venenklappen arbeiten nicht richtig... Heute ist der 51-Jährige erfolgreicher Unternehmer und will anderen Mut machen.

Fünf Stützstrümpfe hat Stefan Rascher übereinander an, sonst würde das Blut in den Fuß sacken und er ohnmächtig werden. Was als eine angeborene Schwäche begann, hat Stefan Rascher in eine Stärke umgemünzt und will nun anderen in ähnlichen Situationen Mut machen.

Ein Gefühl, als würde sein Bein mit winzigen Nadelstichen traktiert, begleitet Stefan Rascher tagein, tagaus. Auf Geschäftsreisen kann er nur in Hotelzimmern übernachten, in denen Toilette und Bett nahe beieinander liegen, damit er es nachts ohne Stützstrümpfe schafft. Dass er überhaupt auf Geschäftsreisen geht, das Leben eines Unternehmers und Extrem-Sportlers führt, hätte dem "Jungen mit dem Elefantenfuß" aus der 5000-Einwohner-Gemeinde Heroldsbach niemand zugetraut.

Über seine Erfahrungen und über das was er daraus gelernt hat, hat Stefan Rascher mit Hilfe von Ghostwritern ein Buch geschrieben, eine Mischung aus Ratgeber und Motivationsleitfaden: "Du bist eine Naturgewalt – Wie ich erkannte, was ich besser kann als alle" heißt es.

"Nein, Stefan, das geht mit Deinem Bein nicht", sagt die besorgte Mutter. "Du mit Deinem Elefantenfuß hast hier gar nichts zu melden", ruft der dicke Horst in der Umkleide. Am allerliebsten wäre der Teenager Stefan so wie alle andern, nur nicht auffallen; und im Hinterkopf spukt immer die Stimme herum "Das kannst Du eh nicht, lass’ es bleiben", schreibt Rascher in seinem Buch. Mit 15 Jahren muss er anfangen, einen Stützstrumpf bis zur Leiste hoch zu tragen. An Mädchen würde er gerne denken, "aber wenn die den Strumpf sehen? Da habe ich mich lieber zurückgezogen."

Irgendwann aber beginnt sich in ihm Widerstand zu regen. Der Vater, der keine Extra-Wurst für ihn brät, hilft dabei – und der Sport. Beim Tischtennis kann er sein Bein unter langen Hosen verbergen und Erfolge feiern. "Das erste Mal Duschen mit den anderen beim Sport war hart", erzählt Rascher. Das Selbstbewusstsein wächst. In der Ausbildung weiß niemand von seinem Handicap, endlich wird er normal behandelt. Und Stefan Rascher beginnt zu merken, ich kann alles, wenn ich nur will. Er hat einiges aufzuholen und Hunger auf Erfolg und darauf, es allen zu beweisen. Im Jahr 2000 nimmt er zum ersten Mal am Fränkische-Schweiz-Marathon teil (gegen den Rat einiger Ärzte). 5,14 Stunden braucht er, "mein Bruder und ein befreundeter Arzt haben im Ziel gewartet und waren schon ganz nervös".

3,20 Stunden lautet seine aktuelle Bestzeit. Mehrere Triathlons hat er auch schon bestritten. Beruflich baut er Mitte der 90er Jahre einen Mobilfunkanbieter mit auf, wechselt 2005 zu einer Tochter von Google nach Amerika und arbeitet dort als Manager für strategische Partnerschaften weltweit. Heute betreibt er in Forchheim seine eigene Firma, coacht Start-ups und Anbieter von Internetportalen und gibt sein Wissen auch in Seminaren weiter.

Der Punkt, an dem er seine Krankheit angenommen habe, habe ihm die Augen geöffnet für seine Stärken, sagt Stefan Rascher. Inzwischen sei er dankbar. "Der Blinde hört gut, der Taube sieht gut – was kannst Du besser?" lautet einer seiner Leitsätze. Anhand von 15 Episoden aus seinem Leben erklärt Stefan Rascher in seinem Buch, wie sich vermeintliche Schwächen in Stärken umwandeln lassen. Es geht um Führung, das eigene Ego, um Erfolg, aber auch um Liebe, Partnerschaft und Familie. "Ich will durch mein Vorbild anderen Menschen helfen", sagt Rascher. Und er wolle seiner Mutter mit dem Buch sagen "Mama, ich hab’s geschafft. Du musst Dir keine Sorgen mehr machen." Am Ende muss kein Bilderbuch-Leben stehen, sondern eines, aus dem man alles herausgeholt hat, was möglich ist, findet der 51-Jährige, der sich intensiv um seine zwei Kinder kümmert, von den Müttern aber getrennt lebt.

Stefan Rascher stellt sein Buch und sein Leben am Freitag, 26. Oktober, um 19.30 Uhr in der Forchheimer Stadtbücherei vor. Hinterher gibt es Gelegenheit zur Diskussion. Der Eintritt kostet fünf Euro. Karten gibt es in der Bücherei. Das Buch "Du bist eine Naturgewalt — Wie ich erkannte, was ich besser kann als alle" kostet 17,95 Euro und ist im Verlag Kamphausen erschienen.