Verblüffende Akrobatik beim Forchheimer KulturPuls

12.3.2018, 06:57 Uhr
Kristin Hertel aus Berlin begeisterte die Zuschauer mit ihren fünf Reifen.

Kristin Hertel aus Berlin begeisterte die Zuschauer mit ihren fünf Reifen.

Die Verblüffung stand dem Landtagsabgeordneten Thorsten Glauber (FW) ins Gesicht geschrieben. Wie hatte Mentalmagier Christoph Kuch nur die geheime Pin-Nummer seiner EC-Karte erfahren? War der Weltmeister aus Stein wirklich der "Meister allwissend"? Konnte er tatsächlich Gedanken lesen? Oder beeinflusste er seine Versuchskaninchen auf offener Bühne nur wie kein Zweiter? Selbst Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) geriet in die Fänge des psychologisch gewitzten Illusionisten, der mit geschlossenen Augen Begriffe aus Büchern erriet und mittels einer Feder Bewegungen zweier nicht miteinander verbundener Menschen übertrug.

Als schreiend komischer Vogel entpuppte sich Herbert Faulhaber aus Darmstadt. Wären Feldlerchen, Steinkäuze, Grauspechte oder ein Zilpzalp im Saal gewesen, sie hätten einen Bruder im Geiste erkannt. So grandios imitierte der Aktionskünstler, der jenseits des Bühnen-Beamtenstatus Rainer Bauer heißt, die kleinen Piepmätze. Als Animateur des "Bundesamtes für ungewöhnliche Maßnahmen und Bürgerbeteiligung" konnte er Kugelschreiber am Klickgeräusch auseinanderhalten und Glühbirnen zum Leuchten bringen. Nur mit Strom. Dass er dabei eine lange Leitung hatte. . .

Bei seiner Teller-Jonglage stahl ihm allerdings ein auf die Bühne gebetener Gymnasiallehrer mit spontanen Ideen und enormer Körperbeherrschung die Schau. Oben auf der Bühne hielt er sechs Teller in Bewegung, unten im Publikum hielt man die Luft an. Doch das Kunstwerk gelang mit Bravour.

Mit bis zu fünf Hula Hoop Reifen verzauberte Kristin "Lahoop" Hertel aus Berlin in einer Mischung aus Tanz und Pantomime. Ihre LED-Show "beflügelte" die Phantasie der Zuschauer. Ohne ein einziges Wort erzählte sie Geschichten dies- und jenseits des leuchtenden Plastikreifens: Vom Gefangensein im Inneren des Kokons, dem natürlichen Drang nach draußen und den ersten Flügelschlägen in ein neues Leben.

Einziger Schwachpunkt war die Moderation des Bamberger Kabarettisten Mäc Härder, der den wahren Künstlern mit ellenlangen Monologen buchstäblich im Wege stand — beim Publikum aber Applaus und kräftige Lacher erntete.

Die Fülle des Gesamtprogramms hat den Zeitplan der nachfolgenden "Tante Emma Techno Night" (Seite 32) nach hinten verschoben. Für die Partynacht waren umfangreiche Umbauten durch die ehrenamtlichen Helfer des Jungen Theaters Forchheim notwendig gewesen.

Härder — der "Franke aus Überzeugung" — recycelte Witze, die bereits zu Kaisers Zeiten archäologischen Status genossen hatten. Ein ums andere Mal sehnte man sich nach den charmanten, verbindlichen Worten Marcellinis, der als Conferencier das "Donnerwetter Varieté" stets glänzend moderiert hatte.

Wortwörtlicher Höhe-Punkt der fast dreistündigen Show war allerdings das Akrobatik-Duo "Elabö" aus Darmstadt, deren federleichte Choreographie der Schwerkraft schwer zusetzte. Beide erweckten in einer Art schwarzweißen Slapstick-Stummfilm eine Schachpartie zum Leben. Kreuz und quer jagten sich die Zirkusartisten Anne Holdik und Mitja Averhoff über die Bühne, die nun aus 64 Feldern bestand.

Ins Kästchen geworfen

Ruhig wie der König, rasant wie die Dame, um die Ecke gesprungen wie das Pferd. Mal kam die Stellung ins Rutschen, mal wollten die Figuren hoch hinaus. Dann beherrschten "Elabö" mit atemberaubenden Hebefiguren den Luftraum im Kolpingsaal. Sobald eine Figur das Zeitliche segnete und ins Kästchen neben dem Schachbrett geworfen wurde, flog Holdik in hohem Bogen über die Bühne.

Hätte das Publikum wie sie im Handstand mit den Füßen klatschen können, es hätte es getan. Beim diesjährigen ZirkArt-Festival Anfang September wird es ein Wiedersehen mit den beiden Körperkünstlern vor der historischen Fachwerkkulisse Forchheims geben. Das wird ein Fest.

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