Verfahren eingestellt, doch Abschiebung droht

17.10.2017, 17:56 Uhr
Verfahren eingestellt, doch Abschiebung droht

© Huber

Der 22-jährige Joseph T. (Name geändert), ein senegalesischer Staatsbürger, stellte Anfang 2017 einen Asylantrag. Knapp drei Monate später wurde dieser vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) als unzulässig abgelehnt.

Begründung: Der Schutzsuchende, der aus dem westafrikanischen Gambia geflüchtet war, habe erstmals in Italien das Territorium der EU betreten. Deshalb hätte T. laut der so genannten Dublin III-Verordnung seinen Antrag dort stellen müssen. Zugleich ordnete die Behörde die Abschiebung des Mannes nach Italien an. Im April bestätigte das Verwaltungsgericht Bayreuth den Beschluss.

Um nicht abgeschoben zu werden, begab sich der junge Mann vorübergehend im Landkreis Forchheim ins Kirchenasyl. Weil er sich nun ohne formale Berechtigung in Deutschland aufhielt, erließ das Amtsgericht Forchheim einen Strafbefehl über 400 Euro (40 Tagessätze zu je zehn Euro) gegen den Asylbewerber.

Der 22-Jährige legte Einspruch gegen den Strafbefehl ein, deshalb kam es nun zur Verhandlung. Inzwischen hat das Verwaltungsgericht Bayreuth seinen früheren Bescheid aber aufgehoben: Joseph T. habe seinen Asylantrag nun doch in Deutschland stellen dürfen. Zwar hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) Ende Juli dieses Jahres bestätigt, dass ein Flüchtling seinen Antrag grundsätzlich dort stellen muss, wo er das erste Mal den Boden der EU betritt, in diesem Fall in Italien. Allerdings dürfen andere Staaten auch freiwillig Geflüchtete aus anderen EU-Ländern aufnehmen und deren Asylanträge bearbeiten, so wie es Deutschland im Spätsommer 2015 tat.

Außerdem entschieden die EuGH-Richter in ihrem Urteil: Reist ein Flüchtling nach seiner Ankunft in der EU in einen anderen Mitgliedsstaat weiter und beantragt dort Asyl, dann muss die zuständige Behörde innerhalb von drei Monaten nach dessen Registrierung (nicht nach Stellung des Asylantrags) entscheiden, ob sie seinen Antrag bearbeitet oder ihn in das andere EU-Land zurückschickt.

Grundlage ist der Fall eines Eritreers, der ebenfalls über Italien nach Deutschland eingereist war und hier Asyl beantragt hatte: Erst über ein Jahr später entschied das Bamf, dass er seinen Antrag in Italien stellen müsse. Den Richtern des EuGH war das deutlich zu lang.

Auch im Falle des 22-Jährigen, der vor dem Amtsgericht Forchheim stand, war die Dreimonatsfrist deutlich überschritten. Inzwischen ist der Mann mit einer Deutschen liiert und hat mit ihr eine zwei Monate alte Tochter. Richterin Silke Schneider stellte das Verfahren gegen ihn ein: Er muss keine Strafe zahlen, die Verfahrenskosten trägt die Staatskasse. Sein Asylantrag muss in Deutschland bearbeitet werden. Was nicht heißt, dass er dauerhaft hier bleiben darf. Die Anerkennungsquoten für Menschen aus westafrikanischen Staaten wie Gambia oder dem Senegal sind sehr niedrig.

Vor allem wegen seiner Tochter fürchtet der 22-Jährige, der auf die Berufsschule geht, eine Ausweisung: "Ich verstehe die Gesetze nicht. Wie kann man jemanden abschieben, der hier ein Kind hat?" meint Joseph T. im Gespräch mit unserer Zeitung. Zwar würde er seine Lebensgefährtin, mit der er im Landkreis Bamberg lebt, gerne heiraten. Doch dafür fehlen ihm die erforderlichen Dokumente. Diese aus Gambia hierher zu schicken, dauert lang und ist kompliziert.

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