Von den hilfsbereiten Menschen in Nepal beeindruckt

17.2.2012, 17:28 Uhr
Von den hilfsbereiten Menschen in Nepal beeindruckt

© Galster

Asha Tamang aus Katmandu in Nepal war als Au-Pair-Mädchen bis November 2011 ein Jahr lang bei der Familie von Franz Galsters Tochter Anja, die in Limburg/Lahn lebt. Einige Zeit verbrachte die junge Frau dabei auch in Seidmar und es entwickelte sich eine Freundschaft. Beim Abschied lud sie die Galsters zum Gegenbesuch ein.

Ende Januar flogen Franz Galster und seine Frau Marianne in die nepalesische Hauptstadt. Asha erwartete das Paar aus Franken am sehr einfachen Airport. Traditionsgemäß legte sie den beiden einen gelben Schal als Willkommensgruß um den Hals. Ihr Schwager Manching, Angestellter eines Taxiunternehmens, begleitete die Galsters von da an als zuverlässiger und unverzichtbarer Begleiter.

Festliches Zeremoniell

Ziel war zunächst eine Neubausiedlung mit recht ansehnlichen Häusern, wo schnell die täglichen Probleme sichtbar wurden. An der Eingangstür warteten die Eltern. Sie hatten Pflanzen an der Türschwelle aufgestellt und Räucherstäbchen entzündet. Bevor die Gäste die Schwelle überschritten, drückten sie ihnen je einen roten Punkt als gute Geste auf die Stirn. Ein fast festliches Zeremoniell, das Willkommen und Wohlergehen ausdrückt.

Das Haus kostet 80 Euro im Monat Miete, bei einem Durchschnittseinkommen von 50 Euro bedeutet das für die achtköpfige Familie eine echte Herausforderung. Drei Räume plus Küche stehen zur Verfügung. Die gesundheitlich angeschlagenen Eltern betreiben einen kleinen Laden. Ein Sohn mit Frau und Kindern versucht sich als Sammeltaxifahrer. Das gasbetriebene Auto steht vor der Tür, es gibt zurzeit keinen Treibstoff. Weitere Verwandte und Asha leben im Haus.

Den ganzen Tag gibt es keine Elektrizität. Abends isst die Großfamilie bei Kerzenschein. „Alle sind sehr freundlich und trotzdem ist es irgendwie bedrückend“, erzählt Franz Galster. Draußen ist es stockdunkel. Auf die Straße zu gehen wird nicht empfohlen. Es gibt keine Straßennamen, keine Hausnummern. Nicht ermutigend. Die Gäste erhalten ein geräumiges Zimmer. Alle anderen teilen sich so zwei Räume. Heizung oder warmes Wasser gibt es nicht. Eine harte Liegefläche, gut angezogen und zugedeckt, so kann man die kühlen Nächte durchstehen. Nachts zwischen 1 und 4 Uhr gibt es Strom. Tagsüber Fehlanzeige.

Der erste Tag gibt Eindruck vom kulturellen Reichtum der Hauptstadt, der vom Hinduismus und Buddhismus geprägt ist. Die Straßen im nicht touristischen Teil sind übersät von Löchern. Der Verkehr ist chaotisch: Autos, Mopeds, Fahrräder, Rikschafahrer und Fußgänger, dazwischen viele Hunde und ab und zu eine Kuh oder Affen. Wohltuend wirkt die Harmonie zwischen Mensch und Tier.

Am Abend wieder kein Strom: Kerzenlicht – zu wenig zum Lesen, also früh Schlafengehen. Kein Fernsehen, kein Radio, absolut keine Anbindung nach draußen, nicht einmal eine Adresse. Und dies in einer 1,5-Millionen-Stadt, die explosionsartig gewachsen, ist. Die allabendlich in deutschen Talkshows diskutierten Sorgen erscheinen dagegen völlig absurd.

Ashas Bruder Prem, 30 Jahre, kommt am gleichen Tag nach fünf Jahren Einsatz als Koch aus Tunesien zurück. Er hat mit Manching eine achttägige Rundreise für die Gäste geplant. So ging es tags darauf in das 200 Kilometer entfernte, landschaftlich sehr attraktive, beschauliche Pokhara, Ausgangspunkt für Trekkingtouren in den Himalaya. Bemerkenswert sind die sauberen und günstigen Unterkünfte. Weiter geht es nach Lumbini an der indischen Grenze, dem Geburtsort Buddhas, Unesco-Weltkulturerbe. Ein Wallfahrtsort der Ruhe, der aber derzeit groß ausgebaut wird.

Später geht es in ein SOS-Kinderdorf. Die Anstalt erweist sich als mustergültig. Bereitwillig zeigte die Leitung die vorzüglichen Sozialeinrichtungen, Klassenräume mit europäischem Standard und die Unterkünfte. 15 „family houses“ im Kreis angeordnet, beherbergen mit je einer Mutter jeweils acht bis zehn Kinder. Das Land Tirol sponsert diese Einrichtung. Auch Deutschland genießt einen ausgezeichneten Ruf als Helfer. Als die Galsters, beeindruckt vom Gesehenen, Geld spenden wollen, wird kategorisch abgewehrt. Spenden seien willkommen, aber nur über das offizielle Konto. Es soll und muss treuhänderisch sauber zugehen.

In einer Nachtfahrt geht es zum Nationalpark nach Chitwan. Die Galsters sind zu Gast bei einer Tante von Manching. Bei den Besuchen von Verwandten bestätigt sich, was in Reiseführern nachzulesen ist: Wer kann, geht außer Landes, vornehmlich in die Emirate oder Saudi Arabien, um das Geld zum Leben zu verdienen. Zum Teil sind Väter bis vier Jahre weg.

Gas nach acht Wochen

Zurück in Katmandu lernen die Galsters auch die Meile der Touristen kennen. Sie merken wenig von der Not nebenan. Die Hotels haben meist Generatoren, so spielt der Stromausfall keine Rolle. Im großen Familienkreis ließ man den Besuchern aus Seidmar die Armut bei den verschiedenen Einladungen nicht spüren. Man hilft sich gegenseitig aus, weiß bei guter Stimmung lustig beisammen zu sein. Bei der Abfahrt war das Taxi des Bruders wieder unterwegs, es gab wieder Gas, er kann wieder Geld verdienen. Eine Gasflasche gab es auch für die Küche – nach acht Wochen Wartezeit.

Prem verbrachte zehn Jahre im Ausland, um die Familie daheim zu stützen. Er wird bald wieder gehen, weiß noch nicht so recht wohin. Asha ermutigt er, weiter zu studieren. Sie ist hin- und hergerissen. Nach zwei Wochen verlassen Franz und Marianne Galster ein Land, das ihnen fast heimisch geworden ist. Das hilfsbereite Netzwerk der Leute zeigt seine Wirkung. Die grandiose Natur macht neugierig.

Alle Verwandten finden sich ein. Bevor das Paar aus Franken geht, wird es mit einem aufwendigen Ritual von den kranken Eltern und allen Verwandten verabschiedet. „Wir haben wunderbare Menschen gefunden, uns fällt der Abschied schwer“, stellen Franz und Marianne Galster fest.

 

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