Was zieht die Gäste ins fränkische Wirtshaus?

23.2.2015, 05:00 Uhr
Was zieht die Gäste ins fränkische Wirtshaus?

© Giulia Iannicelli

Georg Hötzelein möchte nicht Niedergang sagen, den Begriff Veränderung findet er treffender. „An einem genauen Zeitpunkt ist es nicht festzumachen, aber in den 90er Jahren hat sich unheimlich viel getan“, sagt der Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands Forchheim. Das Wirtshaus als Kommunikationszentrum sei unattraktiv geworden, die Stammtische und Stammgäste weniger.

Es reiche nicht mehr aus, lediglich eine Gastwirtschaft mit uriger Einrichtung und typisch fränkischer Küche zu sein. Betreiber müssen schon etwas mehr bringen, „der Gast braucht einen Grund, genau da rein zu wollen. Jedes Wirtshaus muss zu einer Marke werden“.

Genau das hat Uwe Koschyk vor. Er betreibt das Gasthaus „Schwane“ am Forchheimer Paradeplatz seit 17 Jahren. Untergegangen ist er nie, aber er musste sich verändern. Fortlaufend. „Am Anfang haben wir uns als Biereventkneipe verstanden und unser Geld über die Getränke verdient“, erzählt Koschyk. Kleine Karte, große Bierauswahl — es lief.

Aber auch andere Betreiber merkten, dass dieses Geschäftsmodell funktioniert. Das Alleinstellungsmerkmal war weg, oder „der Kuchen wurde deutlich kleiner, zu klein“, wie Koschyk sagt. 2010 änderte er deswegen sein Konzept. Ab sofort gab es fränkische Kost wie Schäuferla und Schweinebraten. Koschyk probierte vieles aus: „Wir hatten bestimmt schon über 2000 Speisen auf der Karte. Man muss immer etwas ausprobieren, um zu merken, ob es funktioniert. Wenn es nicht ankommt, muss man es wieder ändern.“

Mut zum Risiko

Was zieht die Gäste ins fränkische Wirtshaus?

© Giulia Iannicelli

Mut zum Risiko sozusagen. Das will Koschyk ab März oder April wieder beweisen. Der fränkischen Küche bleibt er schon treu, aber — Stichwort Alleinstellungsmerkmal — die Portionen werden kleiner.

Im Gasthaus „Schwane“ wird es fränkische Tapas geben. „So etwas gibt es noch nicht“, ist sich der Wirt sicher. Die Gäste werden sich von einem Buffet bedienen können: ein Stückchen Schäuferla, kleine Bratwürste, ein Häppchen Schweinebraten und so weiter, zum Festpreis — eine Art fränkisches „all you can eat“. Koschyk möchte seine Tapas testweise einmal im Monat anbieten. Falls die Idee ankommt, gibt es das Buffet jeden Sonntag. „Falls die Idee nicht ankommen sollte, suche ich mir eben etwas anderes.“

Bereits seit 1650 gibt es in Kirchehrenbach den Landgasthof „Zur Sonne“ oder wie Einheimische sagen: den Dennerschwarz. Hubertus Gebhard führt das Gasthaus mittlerweile in der zehnten Generation. Auf den ersten Blick sieht es hier nicht so aus, als ob das Wort Veränderung eine große Rolle spielen würde: Gemütlich wirken die drei Stuben. Die Stühle aus Kirschbaum sind mehrere hundert Jahre alt, Jagdtrophäen hängen an der Wand. Trotzdem ist Gebhard mit der Zeit gegangen: „Man kann den Schweinebraten nicht mehr für fünf Euro anbieten. Mit solchen Preisen machen sich die Wirte in der Fränkischen Schweiz selbst kaputt“, sagt Gebhard. Er macht dabei nicht mit.

Schweinebraten steht nicht auf der Karte, ein Schäuferla mit Beilage kostet 9,50 Euro. Gebhard sieht sein Alleinstellungsmerkmal in der Frische seiner Produkte. „Wir schlachten Fisch immer erst, wenn er bestellt wird.“ Für Qualität müsse der Gast eben bereit sein, zu bezahlen.

Urige Atmosphäre

Auch Raimund Alt aus Leutenbach hat eine Nische für sein Wirtshaus entdeckt. In der Gastwirtschaft Alt scheint ein bisschen die Zeit stehengeblieben zu sein. Urig ist es hier, dafür sorgt unter anderem ein Kachelofen und ein Dielenboden. An der Speisekarte — natürlich fränkische Küche — doktert Alt nicht herum. Er weiß, was seinen Gästen schmeckt, weil sie überwiegend schon seit Jahrzehnten kommen. Ein Stammtisch aus Forchheim trifft sich seit den 60er Jahren jeden Mittwochabend bei ihm.

Genau das ist die Nische. „Ich habe alles so gelassen, wie es ist.“ Sein Ratschlag an die Wirtskollegen lautet, nicht hinter dem Tresen zu stehen. Sich auch mal mit an den Tisch zu setzen und ein wenig zu plaudern, wenn es die Zeit erlaubt, müsse schon sein. An dieses Erfolgsrezept möchte sich der 64-Jährige auch in seinem Ruhestand halten: „Ich werde das Wirtshaus irgendwann an meinen Sohn abgeben. Aber so lange ich es körperlich leisten kann, werde ich für die Gäste in der Stube stehen.“

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