Wenn es zu Ostern zweimal klingelt

31.7.2010, 14:00 Uhr
Wenn es zu Ostern zweimal klingelt

© Roland Huber

Der Hausherr mit Schürze spricht bedächtig, leise, zögernd. Im Hintergrund kläffen Hunde. Er hält seine Hände über den Tisch, zeigt sieben Finger und fragt seinen Gegenüber — stets in die kurzen Pausen der Nachbarhunde hinein — „Wie viele Finger zeige ich?“ Sein Gegenüber antwortet kurz und knapp: „Sechs.“ Irritierte Blicke in einer irritierenden Szenerie.

Seit Mitte Juli dreht ein Filmteam aus Berlin und Hamburg einen Kinofilm in Heroldsbach (wir berichteten). Das exklusive Schlosshaus, mit hoher Mauer und einem sandigen Hof, bietet die Kulisse für den Film. „Ich habe das Drehbuch im vorigen Jahr an Weihnachten geschrieben“, verrät Regisseur Jonas Grosch, „aber ich habe es für Ostern umgeschrieben, wegen der Dreharbeiten.“ Von Anfang an war aber klar, „dass es ein kleines, unabhängiges Projekt“ werden soll.

„Wir haben uns bewusst gegen die Filmförderung entschieden“, erzählt Produktionsleiterin Tara Biere, eine von knapp 15 Leuten am Drehort. Grosch wollte selbst bestimmen, über alles, was beim Dreh passiert, „das Projekt soll bis zum Schluss in unseren Händen bleiben“.

Ein paar tausend Euro Budget

„Normalerweise arbeiten bei einem Film dieser Größenordnung doppelt so viele Leute“, sagt sie. Normalerweise hat ein Film dieser Größenordnung aber auch ein Budget von mindestens einer Million Euro. Grosch, Biere und das gesamte Team müssen mit einem Bruchteil auskommen.

Mit einem fünfstelligen Betrag, der ihnen zur Verfügung steht, bezahlen sie Equipment, Reisekosten und Verpflegung. Einen Euro verdient vorerst niemand. „Das muss man lieben oder man hasst es“, sagt ein Freund von Biere, der für die Produktion und Dokumentation der Dreharbeiten verantwortlich ist und beim Ton hilft. Fast einen Monat lang, mit täglichen Drehzeiten von morgens bis abends.

Ob der Film ein Erfolg wird, ist dabei noch lange nicht sicher. „Nicht jeder, der hier mitmacht, ist von dem Drehbuch begeistert“, sagt Biere ehrlich. Und selbst Grosch weiß, dass sein experimentierender Film nicht massenkompatibel sein muss: „Bei Humor ist es immer schwierig. In erster Linie hoffe ich, dass ich es zum Schluss lustig finde“, sagt er. Es sind eben „Freundschaftsdienste“, die den Film ermöglichen.

Auch der Drehort in Heroldsbach ist ein solcher. Die Ex-Freundin von Kameramann Matthias Hofmeister hat das Haus ihrer Eltern zur Verfügung gestellt, das innen und außen bereits beachtlich eingenommen ist. Weitere Drehorte sind lediglich ein Hügel bei Heroldsbach sowie das Hotel Plaza in Forchheim, einer der lokalen Sponsoren, auf die das Filmteam baut. So liefert das Gasthaus Nikl-Bräu aus Pretzfeld die Getränke und Schauspieler sowie Helfer sind allesamt privat untergekommen.

Helfen soll auch der gute Name der Familie: Katharina Wackernagel, bekannt aus der Fernsehserie „Bloch“ oder dem preisgekrönten Fernsehfilm „Contergan“, ist Groschs Schwester. Die anderen drei Hauptdarsteller — Marie Burchard, Leander Lichti und Sebastian Schwarz — stammen aus der gleichen Agentur wie Wackernagel und Grosch: „Ich habe ja schon vor der Hochschule Filme gemacht und seit zwölf Jahren viel mit Schauspielern zu tun“, erzählt Grosch in einer „fliegenden“ Pause, in der er sich kurz einen Teller Essen aufmacht, „die Kontakte entwickeln sich über die Jahre.“ So auch zu Leuten wie Kameramann Hofmeister oder Produktionsleiterin Biere.

Groteskes Beziehungsmusical

„Die letzte Lüge“ spielt neben Humor auch mit Musik. Grosch fällt als Vergleich Woody Allens „Alle sagen — I love you“ ein. Er nennt sein Werk ein „Screwball-Musical“, eine heitere musikalische Beziehungsgroteske: Ein Pärchen fährt über Ostern auf‘s Land — im Gepäck jeweils geheime Beziehungen mit anderen Partnern. Diese besuchen, unabhängig voneinander, ihre Liebhaber zu Ostern.

Und schließlich gesellen sich auch noch Handwerker dazu, gespielt von Fritz Roth und Tonleiter Veit Norek, der durch eine Rolle in Groschs Hochschul-Abschlussfilm entdeckt wurde. Erscheinen soll der Film, der bis nächste Woche fertig gedreht sein soll, 2011 zu Ostern — zugleich als DVD und Kinofilm. Grosch stellt sich eine kleine Kinotour mit Musik vor, ein „Event“.