Wie sich Dorfläden im Landkreis Forchheim behaupten

31.8.2014, 10:00 Uhr
Wie sich Dorfläden im Landkreis Forchheim behaupten

© Stefanie Hattel

„50 Gramm Aufschnitt, eine Scheibe Presssack und ein Stück von der Streichwurst“, verlangt die ältere Dame an der Fleischtheke bei Michaela Käsperlein in Streitberg. Kunden wie sie, die ihren Wocheneinkauf im Dorfladen besorgen, sind selten geworden. „Die meisten machen nur Kleinsteinkäufe, kommen für eine schnelle Brotzeit oder wenn sie was vergessen haben“, erzählt Inhaberin Käsperlein, die für solche Fälle in der Fleischtheke auch abgepackten Kloßteig oder Butter bereithält.

Der Laden am Streitberger Berg war ursprünglich eine Metzgerei, Käsperlein war dort als Verkäuferin angestellt. Als ihr Chef das Geschäft aufgab, stand der Laden zunächst leer. Dann entschloss sich Käsperlein, auf eigene Faust weiter zu machen, erweiterte das Sortiment um Backwaren, Grundnahrungsmittel und einen kleinen Partyservice. Seit zweieinhalb Jahren stemmt sie den Laden schon.

Bei Notburga Taschner in Aufseß oder Renate Janda in Muggendorf lief es ähnlich: Als der bisherige Leiter den Einkaufsmarkt im Dorf alters- oder finanziell bedingt aufgab, nahmen sie als langjährige Angestellte das Geschäft selbst in die Hand.

„Probieren tu ich’s“, habe sie sich gesagt, als sie Anfang Januar den seit gut 100 Jahren am Ort ansässigen Gemischtwarenhandel als Dorfladen wiedereröffnete – mit heißer Theke und täglich wechselnden Mittagsgerichten, Drogerieartikeln, regionalen Produkten und Tourist-Info. „Reich wird man damit nicht“, sagt Taschner. Doch noch ist sie optimistisch und erzählt, wie Bio-Landwirte bei ihr anfragen, ob sie nicht ihre Spezialitäten ins Sortiment aufnehmen wolle.

„Einfach ist’s nicht. Spaß macht’s trotzdem“, sagt Renate Janda, die den Frischemarkt in Muggendorf von ihrem Bruder übernahm. Ihr Angebot kann es mit jedem Supermarkt aufnehmen: Reichhaltige Obsttheke. eine gute Mischung aus bekannten Markenprodukten und Regionalem, liebevoll drapiert, ergänzt durch Kurzwaren, Geschenkideen und Zeitschriften.

„Der Umsatz könnte besser sein“, sagt Janda. Viele investieren die paar Cent, die sie hier mehr bezahlen müssten, lieber in den Sprit und fahren nach Ebermannstadt zum Einkaufen. Außerdem sei der Einzelhandel am Ort Saisongeschäft. „Im Sommer kommen auch Urlauber oder Motorradfahrer. Im Winter ist tote Hose“, sagt Janda, die auch sonntags im Laden steht. Zum Jahresende will sie ihr Geschäft in jüngere Hände geben. Interessenten gäbe es, doch auch sie blickten skeptisch auf den Umsatz.

Immer neue Nischen suchen

„Wir sind gerne Nahversorger“, sagt auch Thomas Wagner, der in Langensendelbach einen Frischemarkt als Familienbetrieb führt und die gute Infrastruktur am Ort lobt. „Die Leute fahren trotzdem zum Discounter“, sagt er. Man wolle eben alles an einem Ort haben. So werde es immer schwieriger, die Preise zu halten, sagt er. Man müsse immer neue Nischen finden, das Sortiment umstellen und investieren. Wagner hat 58 Stunden die Woche geöffnet, steht selbst im Laden und kommt regelmäßig auf eine 65- bis 70-Stunden-Woche. „Doch solange der Betriebsurlaub im Sommer noch rausspringt, bin ich zufrieden“, sagt er.

Beliefert werden die drei von der Lebensmittelhandels-Gesellschaft (LHG) in Eibelstadt, die sich auf Dorfläden spezialisiert hat und seit 20 Jahren etwa 40 private Einzelhändler in ganz Bayern beliefert, fünf allein im Landkreis Forchheim. „Dorfläden sind ein wachsender Markt, bedingt durch die demographische Entwicklung und Landflucht“, sagt Vertriebsleiterin Anja Roggenbuck.

Um jungen Läden auf die Beine zu helfen, bietet die LHG fachmännische Begleitung, von der Ladenplanung und Sortimentsauswahl bis zu Marketing und Anzeigenschaltung. „Wir begleiten die Händler vom ersten Gedanken einer Gründung bis zur Eröffnung, und wenn es gut geht, noch lange darüber hinaus“, sagt Roggenbuck.

„Mit dem Angebot in den Supermärkten hat sich das Bewusstsein verfestigt, dass es überall alles und sofort gibt“, sagt Michaela Rochner, die gegenüber „Das Lädle“ betreibt, früher ein typischer Dorfladen mit Kurzwaren und Bürobedarf, heute ein Kiosk mit Kaffeebar. „Eine Liebhaberei“, wie sie sagt. Rechnen würde sich das nicht. Doch wie die anderen Kolleginnen sagt sie auch: „So lange ich nicht draufzahl’, mach ich weiter.“

Als zweifache Mutter kann sie das Verbraucherhalten sogar verstehen: „Wenn ich beim Frischemarkt gegenüber Fischstäbchen kaufe, zahle ich fürs Päckchen 50 Cent mehr als im Supermarkt. So ist man schon einen Euro mehr los“, sagt sie. „Den Großeinkauf muss man außerhalb gestalten.“

Mit Interesse blicken die Händlerinnen deshalb auf Unterleinleiter, wo ein Arbeitskreis einen Dorfladen als Genossenschaft gründen will (die NN berichteten). „Kommunale Dorfläden sind das am stärksten wachsende Segment“, sagt auch Anja Roggenbruck von der LHG. Zumindest die Investitionskosten sind damit gedeckt, für den passenden Umsatz müssen auch hier die Kunden sorgen.

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