Wunner startet als Tennistrainer durch

3.2.2018, 11:30 Uhr
Als Trainingspartner von Angelique Kerber durfte der Weillersbacher Matthias Wunner auf den heiligen Rasen von Wimbledon.

Als Trainingspartner von Angelique Kerber durfte der Weillersbacher Matthias Wunner auf den heiligen Rasen von Wimbledon.

Herr Wunner, gerade fand im australischen Melbourne das erste wichtige Turnier des Jahres statt. Wo waren Sie?

Matthias Wunner: Meistens von 8 Uhr morgens bis nach 20 Uhr am Abend auf dem Trainingsplatz in Düsseldorf. Aber ich bin teilweise früher aufgestanden, um mir die Höhepunkte der nächtlichen Spiele in der Zusammenfassung anzusehen.

Das heißt: Das einstige fränkische Toptalent ist im Alltag angekommen und begnügt sich damit, private Übungsstunden zu geben?

Matthias Wunner: Nicht ganz. Im Dezember war ich noch mit dem Stab von Angelique Kerber unterwegs auf Lanzarote, habe zuvor meine Prüfung zur A-Lizenz (höchste nicht-akademische Ausbildungsstufe in Deutschland; d.Red.) erfolgreich abgeschlossen. Nach dem Trainerwechsel bei Kerber hätte ich im Boot bleiben können, will nun aber meinen eigenen Weg als Coach gehen.

Wie bandelt sich so ein Engagement an?

Matthias Wunner: In diesem Fall haben der Verband in NRW und der Verein TC Kaiserswerth vermittelt, da der Vater seinen Sohn zeitlich nicht mehr begleiten kann und einen professionellen Trainer gesucht hat. Generell lernst du in der Branche viele Leute kennen, kommst alleine über deine deutschen Kontakte und Empfehlungen ins Gespräch. Mitte 2016 bin ich durch eine Verbindung meines damaligen Akademietrainers in Köln im Betreuerteam der US-Amerikanerin Madison Keys (aktuell Nummer 14 der Weltrangliste; d.Red.) gelandet. Beim Turnier in Nürnberg kurz vor den French Open 2017 habe ich dann mit der Kanadierin Eugenie Bouchard (ehemalige Top-10-Spielerin; d.Red.) Bälle geschlagen. Gleichzeitig kam Torben Beltz auf mich zu, so dass ich die Aufgabe in Kerbers deutschem Team angenommen habe.

Trotzdem ging das Seuchenjahr 2017 für die deutsche Vorzeigespielerin weiter. Wie war das, in so einer kritischen Phase als Neuer in eine Gruppe zu kommen?

Matthias Wunner: Meine Verpflichtung sollte ja gerade einen neuen Impuls setzen. Ich stieß zur England-Reise dazu. Die Zusammenarbeit war auf Anhieb angenehm, weil wir im Team menschlich auf einer Linie lagen. Natürlich hat man in der Zeit die Anspannung und vielleicht ein bisschen Frustration gespürt. Wir haben ja alle Einheiten, auch beim Fitness, zusammen gemacht. Aber der Kampfgeist war nie weg. Daher war ich mir sicher, dass Angelique Kerber zurückkommt. Wie schnell und wie gut, war wohl für alle überraschend.

Erhobenen Hauptes schied Kerber im Halbfinale von Melbourne aus. Was brachte den Erfolg zurück?

Matthias Wunner: Auf der mentalen Seite ist es wohl einfach eine neue Stimme und Ansprache, die etwas bewirkt. Der Spitzensport lebt vom Wechsel. Inhaltlich sind es Kleinigkeiten, die auffallen. Am Aufschlag wurde etwas verändert und Kerber spielt insgesamt aggressiver. Als Defensivspezialistin hat sie sich in die Weltspitze gespielt, musste sich nun an ein schnelleres Spiel anpassen. Auch ein Roger Federer hat sich zwischenzeitlich immer wieder neu erfunden.

Neben dem alten Arbeitgeber war auch der neue in Australien dabei.

Matthias Wunner: Richtig. Henri Squire aus Düsseldorf ist ein großes deutsches Nachwuchstalent und stand bei den Junioren im Doppel-Finale. Da ein Elternteil australisch ist, war das Turnier ein Familientreffen, bei dem ich mich herausgehalten habe.

Der 17-Jährige wird auf Platz 136 der Junioren-Weltrangliste geführt.Wie bereitet der neue Trainer den Durchbruch vor?

Matthias Wunner: Genau planen lässt sich das bei der enormen Leistungsdichte kaum. Nachdem Henri die schönen Erfahrungen bei den großen Jugend-Turnieren mitnehmen konnte, ist aus unserer Sicht die Spielpraxis bei den Herren wichtig. Ein erster realistischer Schritt wäre, bis Jahresende genug Punkte zu haben, um bei den ITF-Turnieren (die Future-Serie gilt als Sprungbrett zu den höheren Kategorien der Challenger- und ATP-Turniere; d.Red.) in der Hauptrunde gesetzt zu sein. Ich bin optimistisch, dass wir dieses Ziel erreichen. Dafür arbeiten wir im Training daran, seine Stärken und seinen Stil zu entwickeln.

Wie viel Spieler steckt denn noch im Trainer Matthias Wunner?

Matthias Wunner: Es gab schon einige Momente, in denen ich mich wiedererkannt habe. Ich sehe es als Vorteil, meine Fehler als Hilfestellung einbringen zu können. Bei allen Ambitionen darfst du als junger Spieler nicht meinen, jeden Ballwechsel mit einem Winner beenden zu müssen. Auch die körperliche Belastung ist ein Thema. Zum professionellen Verhalten gehört eine dosierte Mischung, selbst bei morgendlichen Dehnübungen. Spielerisch wäre es dagegen kompletter Unfug, aus Henri eine Kopie von mir machen zu wollen. Er ist größer und hat einen viel besseren Aufschlag. Schon nach wenigen Trainings war klar, dass wir an der Stabilität von der Grundlinie feilen und ihn offensiv agieren lassen wollen. Da spielt natürlich wieder meine persönliche Vorstellung vom Tennis, wie ich sie von meinen verschiedenen Trainern mitbekommen habe, hinein. Bei Harald Payrleitner in Forchheim waren das vor allem viele technische Elemente.

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