"Zarte Seelen": In der inneren Welt

27.8.2013, 11:00 Uhr
Zahlreiche Gäste ließen sich von den Bildern bei der Vernissage inspirieren.

© Berny Meyer Zahlreiche Gäste ließen sich von den Bildern bei der Vernissage inspirieren.

Beide Künstlerinnen sind seit einem Jahr miteinander befreundet und lassen den Betrachter an ihrer „inneren Welt“ (Michael Ende) teilhaben, die sie mit kraftvollem Pinsel oder Stift zur äußeren Realität werden lassen. Eine gelungene Mischung aus Welt, Kunst und Mythos, eine ästhetische Einheit im romantischen Sinne.

„Ich war nie eine Abstrakte.“ Christina Kraus (Heroldsbach-Thurn) zeigt auf eines ihrer 16 Acrylbilder, das ihren Hund Juniper zeigt, wie er am Meeresufer sehnsuchtsvoll einer Möwe nachblickt. Und damit auch gleich den Betrachter animiert, die tierische Perspektive einzunehmen und den Blick schweifen zu lassen. „Diese Bildkompositionen gibt es nur in meinem Kopf. Mein Hund war nicht am Strand.“

Ähnlich ergeht es ihrem Pferd Abraxas, benannt nach dem Raben aus Otfried Preußlers „Kleine Hexe“, das von Fischen umzingelt scheint. Raben spielen bei Christina Kraus (33) eine große Rolle. Als „Schneerabe“ oder als Todesbote. Folgerichtig hat sie ihr Atelier in Thurn, in der früheren Holzbildhauer-Werkstatt ihres Vaters, auch als „Rabenatelier“ tituliert.

Seit vier Jahren widmet sich die studierte Architektin nun wieder ihrer eigentlichen Berufung, der Kunst. Einzelne Elemente der Erzählung gibt es in der Realität, die Zusammensetzung aber und die fantastische Stimmung entstehen aber assoziativ. So wie bei den Rosenporträts, die die Blume in der Wüste, auf hoher See oder in anderen einsamen, gefährlichen und ungewöhnlichen Orten zeigen. Traumbilder, die eine Geschichte erzählen.

„Vielleicht kommt es daher, dass ich in meinem Garten Rosen züchte.“ Darunter auch die des Kleinen Prinzen. Einzelne Bilder wirken wie Illustrationen aus Kinderbüchern, andere wieder knüpfen an romantische Traditionen und erinnern dabei an Caspar David Friedrich.

So wie „Die Boten“, dessen düstere Atmosphäre und tönende Einsamkeit nur noch von „Nocturne“ überstrahlt wird. Eine Hommage an Chopins Klavierkunst, die Christina Kraus als Inspirationsquelle dient. Menschen kommen eher selten vor, und dann als steinerne Statuen im Meerjungfrauen-Gewand oder als Pianisten-Requisite.

Mit „Bildern von Tieren und Rosen“ beeindruckt die Künstlerin mit fantastischem Realismus, der zuweilen den Pinsel in surrealistische Sujets taucht. In ihren schemenhaften „Nebelfischen“ etwa scheint entweder der Wald unter Wasser zu stehen, oder die Fische zwischen den Baumstämmen hindurchzufliegen. Wenige Meter weiter tummeln sich „Forellen“ auf der Leinwand, die Gerhard Richter und Franz Schubert geschuldet scheinen. „Ich brauche viel Zeit, Strich für Strich, und bin am Ende ganz traurig, wenn eine Zeichnung fertig ist.“

Ganz anders zeigt sich Sabine Roidl (Grafing bei München) in ihren „Bildern von Menschen“. Als Zeichnerin mit Stift oder Füller beschränkt sich ihr Blick und ihr Strich auf das Wesentliche. Um darin „das Geheimnis des Augenblicks“ zu ergründen. Fünf Selbstporträts in Schwarz-Weiß bilden eine kontrastreiche Serie, die man als Stationen des Lebens einer Frau deuten könnte. Von jugendlicher Frische über weibliche Reife bis hin zur Begegnung mit dem Tod. Wer ahnt schon, dass Sabine Roidl dies als morgendliche Aufwärmübung für ihre Hände zu Papier gebracht hat. „Ich wollte meine Hände nicht bei der Arbeit stören. Es war eine wunderbar meditative Erfahrung.“

Anspielungen mit eigenem Stil

Die kunsthistorischen Anspielungen auf Edward Hoppers Studien der Einsamkeit oder Pablo Picassos Ein-Strich-Akte sind zahlreich, jedoch nicht eklektizistisch oder epigonal. Sabine Roidl (39), eigentlich Grafikdesignerin, inzwischen aber freischaffende Künstlerin, hat ihren eigenen Stil gefunden, dabei auch Klassiker wie Egon Schiele und seine Porträts mit exzentrischer Handhaltung zitierend. „Die Ideen fließen bei mir direkt vom Kopf in die Hand, ohne Vorlage oder Foto.“

Dass sie auch Sinn für Humor hat, zeigen Roidls „Kleine rosa Schweinchen“, auf denen weniger das Tierische als vielmehr das Animalische in weiblichen Akten zu sehen ist. Mit nur wenigen Strichen fügen sich die Motive aufs Papier. Daneben erzählt eine bemalte Klopapierrolle die „Erinnerung an meine Liebhaber“. Einige Schritte weiter scheint Janoschs Küche gerade von Tiger und Bär in ziemlicher Unordnung zurückgelassen worden zu sein.

Die Ausstellung „Zarte Seelen“ in den Rathaushallen ist noch bis zum 8. September zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 11 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 10 bis 13 Uhr.

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