Fränkischer Landwirt will harte Nuss knacken

5.9.2008, 00:00 Uhr
Fränkischer Landwirt will harte Nuss knacken

© Säuberlich

Im Garten, im Lebkuchen, im Hanuta oder auf der Heino-CD - die Haselnuss kennt jedes Kind, und sei es als Nutella. Doch eine Haselnuss-Plantage im Frankenland? Da sieht es schon anders aus. Manche trauen ihren Augen kaum, wenn sie auf Fritz Stieglers Baumreihen im Schatten der Cadolzburg schauen. 660 Haselnuss-Strünke stehen da im Kreis Fürth auf weiter Flur. Da ist Fantasie gefragt.

Denn nichts, aber auch gar nichts, erinnert im 20-Seelen-Gonnersdorf an die türkische Küste, wo 80 Prozent der Haselnüsse für den Weltmarkt herkommen. Statt Meer, subtropischem Klima und grüner Gebirgslandschaft gibt’s hier dagegen einen rauen Wind und - wenn es hoch kommt - ein paar Hügel und jede Menge gefräßiger Hasen.

Vom Tabak abgekommen

Aber Landwirt Fritz Stiegler scheut keinen Vergleich. Als Nichtraucher hat er schließlich auch Tabak angebaut, kommentiert er trocken. Nun ist er also Haselnuss-Anbauer, mit ihm elf andere Kollegen, im «Verein Fränkischer Haselnusspflanzer«. Den Lohn für seine Pionierarbeit hält Stiegler bereits in Händen: Ein paar grüne Haselnüsse, von der runden «Römischen« bis zur «Trapezunder Kaiserhasel«. Eine Wissenschaft für sich, die 40 Sorten auseinanderzuhalten und vor allem richtig anzupflanzen.

So merkwürdig der Versuch aussehen mag, so erfolgversprechend erscheint er: Die Fläche, auf der Stiegler die Bäume vor drei Jahren gepflanzt hat, ist schließlich ein hochoffizielles Versuchsfeld. Eine Mitarbeiterin vom Fürther Amt für Landwirtschaft beäugt die Plantage deshalb genauso intensiv wie der Bauer. Behördenleiter Rudolf Bär hofft nämlich, dass in dem Acker die Lösung für alle Tabakbauern wurzelt. Schließlich könnte aus der Versuchsfläche in Gonnersdorf eine echte Alternative für die 70 Tabakbauern in Mittelfranken erwachsen.

Spezialisten für besondere Ware

Mit Sonderkulturen kennt man sich in fränkischen Breitengraden schließlich aus: Spargel, Hopfen, Meerrettich, Tabak - zehn Prozent der heimischen Landwirte haben schon immer in der Nische überlebt, sagt Bär. Aber weil der Tabakanbau seit der Agrarreform von Jahr zu Jahr weniger lukrativ ist, braucht es neue Ideen fürs Land.

Landwirt Fritz Stiegler ist für Ideen immer offen: Früher hat er Vieh im Stall gehabt. Jetzt Pensionspferde. Eine Zeit lang hat er Christbäume angebaut. Lange Zeit Tabak. Von den Büchern, die der preisgekrönte Mundartdichter bei Nacht schreibt, wird seine Familie auch nicht satt.

Reife Leistung

Aber vielleicht bald von den Haselnüssen. Genug Geduld vorausgesetzt. Bislang hat die EU das Projekt aus ihrem Tabakfonds gefördert. Drei Jahre lang. Aber noch ist die Zeit nicht reif, um von ein paar grünen Haselnüssen auf die Zukunft eines ganzen Landstrichs zu schließen. Bis die Nüsse massenweise erntereif sind, gehen mindestens noch drei Jahre ins Land. Im bayerischen Landwirtschaftsministerium hat man das verstanden. Es will dem mutigen Bauern jetzt weiter mit Geldern unter die Arme greifen.

Die Aussichten, dass irgendwann im Müsli oder im Lebkuchen eine «fränkische« statt einer «türkischen« Nuss steckt, wären gut, schwärmt Behördenleiter Bär. Schließlich kommen bislang nur zwei Prozent der Haselnüsse in Deutschland wirklich aus der Heimat. Abnehmer für die Haselnüsse in der Region gäbe es also einige: Lebkuchen-Hersteller, Süßigkeiten-Fabrikanten, Bio-Läden oder die Bauernläden selbst signalisierten Interesse.

Umfunktionieren der alten Tabak-Öfen

Wäre nur noch das Problem, die Nuss zu knacken. Doch auch das ist schon durchdacht: Wenn der Herbststurm die Haselnüsse vom Baum geholt hat, sollen sie im alten Tabakofen getrocknet werden. Danach werden die Früchte von einer Maschine, die sich die Haselnusspflanzer teilen, geknackt - der allerletzte Knackpunkt ist also auch behoben.